Mehr Gerechtigkeit für arbeitende Frauen?
Schwarz-Rot will künftig die Löhne denen der Männer angleichen.
Berlin. Elke Ferner kann sich noch genau erinnern, als sie vor gut zwei Jahrzehnten im öffentlichen Dienst eine Stelle als Programmiererin antrat. Ein männlicher Mitbewerber, der dort zum selben Zeitpunkt im gleichen Job anfing, lag bei der Vergütung eine Gehaltsstufe höher als sie. Längst hat Ferner ihre damalige Tätigkeit mit einem Sitz im Bundestag getauscht.
Aber das Problem ist nach Überzeugung der SPD-Politikerin geblieben: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, davon sind wir immer noch weit entfernt.“ Dies soll sich nun mit der großen Koalition ändern. Dazu verständigten sich Sozialdemokraten und Union auf gesetzliche Maßnahmen, die auf mehr Transparenz im Lohngefüge, aber auch mehr Bürokratie hinauslaufen.
Hermann Gartner, Experte für Lohnstrukturen beim Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), kann den Handlungsbedarf nur bestätigen. „Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern sind in den vergangenen Jahren zum Teil sogar noch stärker geworden.“ Dies resultiere auch daraus, dass der untere Lohnbereich, in dem überproportional viele Frauen zu finden seien, stagniere, während höhere Verdienste zulegten. „Und da eben dominieren die Männer“, sagt Gartner.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes liegt die Vergütung für Frauen im Schnitt um 22 Prozent niedriger als die ihrer männlichen Kollegen. Das klingt dramatisch, relativiert sich aber: „Im Wesentlichen basiert die Lohnlücke auf Faktoren wie Teilzeitbeschäftigung, Bildungsstand, der Dauer der Betriebszugehörigkeit und familienbedingter Auszeiten“, erklärt der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther.
Eine politische Regulierung hält er für fehl am Platze. Das IW hat ausgerechnet, dass sich die Lohnlücke von 22 auf elf Prozent halbiert, wenn man identische Berufe, Bildungsstände und Arbeitszeiten zum Maßstab nimmt.
Für die Frauen- und Gleichstellungsexperten von Union und SPD ist das aber immer noch zu viel. Abhilfe soll ein Maßnahmenbündel schaffen. Dazu gehören ein individueller Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer über die betriebliche Lohnstruktur, anonymisierte Entgeltberichte und eine Art Frauenquote in Tarifkommissionen. Außerdem werden die Tarifpartner zum Abbau von Entgeltunterschieden verpflichtet.
Diese können in der Definition der Anforderungen bei den jeweiligen Gehaltsgruppen begründet sein. Obendrein geht es um eine lohnbezogene Neubewertung typischer Frauenberufe. „Es ist nicht einzusehen, dass derjenige, der einer Familie die Waschmaschine repariert, mehr Geld bekommt, als diejenige, die in der Kita ihre Kinder erzieht“, sagt Elke Ferner.