Info-Kampagne Mehr Menschen für Organspende gewinnen
„Organspende — ich entscheide mich“. Das steht auf dem Titel einer Informationsschrift der Techniker Krankenkasse. Auch andere Kassen verschicken derzeit ähnliche Broschüren.
Düsseldorf. Informationen und ein Vordruck eines Organspendeausweises — wer dieser Tage von seiner Krankenkasse einen Brief bekommt, wird sanft dazu gedrängt, sich mit dem heiklen Thema Organspende zu befassen. „Ich entscheide mich“ — diese Worte können auch bedeuten: Ich entscheide mich dagegen. Auch diese Alternative formuliert der Organspendeausweis mit seinen fünf Ankreuzmöglichkeiten ausdrücklich vor.
Da heißt es: „Nein, ich widerspreche einer Entnahme von Organen und Geweben.“ Die Aufklärungsschrift der Krankenkasse ist insoweit neutral gehalten, betont, dass es verschiedene Entscheidungsalternativen gibt. Falls es keine ausdrückliche Erklärung des Betroffenen gibt, kann unter bestimmten Voraussetzungen auch ein naher Angehöriger seine Einwilligung zu der Organtransplantation geben.
Der Grund für die Informationsoffensive ist zum einen, dass die Krankenkassen ihren Versicherten eine solche Aufklärung alle zwei Jahre liefern müssen. Zum anderen die dahinter stehende Absicht: Mehr Menschen dazu zu bringen, einer Organspende ausdrücklich zuzustimmen. Doch die Spenderbereitschaft ist nach wie vor gering.
Nach Zahlen der Deutsche Stiftung Organtransplantation gab es im ersten Halbjahr 2009 bundesweit 623 Organspender (ohne Lebendspender). 2014 sank die Zahl für den entsprechenden Jahreszeitraum auf 435. Im ersten Halbjahr 2015 gab es eine leichte Steigerung auf 464. In den meisten Fällen der postmortalen, also nach dem Tod gemachten Organspenden geht es um verpflanzte Nieren. Gefolgt von den Organen Leber, Lunge und Herz.
Neben der Tatsache, dass manch einer das mit Tod und Sterben zusammenhängende Thema verdrängt, liegt die Ursache für die Zurückhaltung in diversen Skandalen und Manipulationen. Der letzte große Fall war der eines Leberchirurgen, der Patientendaten so manipuliert hatte, dass er eigene Patienten auf der Warteliste für ein Organ nach vorn schummelte. Damit nahm er den Tod der so benachteiligten anderen Patienten auf der Liste in Kauf, argumentierte die Staatsanwaltschaft — und forderte eine Freiheitsstrafe. Das Landgericht Göttingen aber sprach den Mediziner im Mai frei. Ganz aus dem Schneider ist er aber nicht, noch muss der Bundesgerichtshof über die Revision entscheiden.
Freilich gibt es auch grundsätzliche Bedenken dagegen, sein Kreuz auf dem Organspendeausweis bei Ja zu machen. Nämlich die Zweifel an dem Hirntodkonzept. Der Ausfall aller Hirnfunktionen muss von zwei speziell ausgebildeten Ärzten festgestellt werden, bevor eine Organspende möglich ist. Hirntote Patienten, so die Bedenken, könnten auch nach dem Abschalten der Beatmung noch eine Zeit lang weiterleben. Auch wenn das Gehirn unwiderruflich erloschen ist, sterbe nicht automatisch der gesamte Organismus. Doch schon dann erlaubt der festgestellte Hirntod nach den derzeitigen Regeln die Entnahme von Organen.
Manch einen mag auch verunsichern, dass die Organspende der eigenen Patientenverfügung zu widersprechen scheint — dem darin festgelegten Willen, nicht mit intensivmedizinischen Maßnahmen am Leben gehalten zu werden. Jedenfalls sollte man sich über diesen Aspekt Gedanken machen und Patientenverfügung und Organspendeausweis aufeinander abstimmen.
Ist man mit der Organspende einverstanden, so lässt sich zum Beispiel in der Patientenverfügung der Satz formulieren: „Ich gestatte ausnahmsweise für den Fall, dass bei mir eine Organspende medizinisch infrage kommt, die kurzfristige (Stunden bis höchstens wenige Tage umfassende) Durchführung intensivmedizinischer Maßnahmen zur Bestimmung des Hirntods und zur anschließenden Entnahme der Organe.“ Oder, wenn man das nicht will, formuliert man in der Patientenverfügung: „Ich lehne eine Entnahme meiner Organe nach meinem Tod ab.“