Zukunftskonferenz in Wuppertal Merkel erklärt, wie sie es schaffen will
Auf der Zukunftskonferenz in Wuppertal ging es Donnerstagabend vor allem um das Thema Flüchtlinge. Zustimmung für die Kanzlerin.
Wuppertal. Eigentlich ist am Johannisberg in Wuppertal alles wie immer. Vernieselter Abendnebel wabert um die historische Stadthalle. Ein paar Fotografen warten in der Nässe, ein paar Polizisten werden mit ihnen nass. Eigentlich soll es in der Halle um den Zustand der CDU Deutschlands gehen. Wuppertal ist der Auftakt zu vier „Zukunftskonferenzen“, weiter geht es am Montag in Stade, dann folgen Schkeuditz und Darmstadt. Und eigentlich geht es gar nicht um das Thema, das keiner anspricht, während alle auf die Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende warten. Bis Peter Becker an eines der Saalmikrofone tritt.
Der Remscheider, Mitglied der CDU-Mittelstandsvereinigung, sieht nämlich „ein ganz klares innerparteiliches Problem“, wenn die CDU es nicht schaffe, ihre Werte zu leben und zu kommunizieren. Und dann redet Peter Becker Klartext zu „Söder, Seehofer und Konsorten“. Wie unerträglich er es findet, dass der bayerische Ministerpräsident den ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban empfängt: „Für mich ist das ein Verbrecher, ganz einfach.“ Und wie unerträglich, dass die CSU da am rechten Rand fischt. Dafür gibt es in der Wuppertaler Stadthalle deutlichen Applaus. Und dann sagt Becker: „Ich vermisse den Parteivorstand.“
Der bekommt vor Schreck das Mikrofon nicht an. Und dann führt CDU-Generalsekretär Peter Tauber genau das vor, was wie Peter Becker ein großer Teil der Basis vermisst. Statt zu antworten, flüchtet sich Tauber in abwaschbare Sätze: „Wir werden am Ende daran gemessen, ob wir diese Herausforderung gemeistert haben. Wenn wir uns darauf konzentrieren, werden wir am Ende erfolgreich sein.“
Glücklicherweise kommt sie dann irgendwann, die Kanzlerin, von der nicht wenige spekulieren, ob sie heute schon die nächste Friedensnobelpreisträgerin sein könnte. Die Halle erhebt sich und klatscht Angela Merkel auf die Bühne. Armin Laschet, der NRW-Landesvorsitzende, ringt sich zur Begrüßung förmlich ab: „Das Klima ist: Wir werden das schaffen.“ In NRW gebe es auch keine Pegida. Das sagt er sehr freundlich und fügt an, auch der Kölner Kardinal Woelki habe die Kanzlerin für ihren Auftritt bei Anne Will gelobt.
Das alles klingt kleingläubig im Vergleich zu der Überzeugungskraft, mit der Angela Merkel das Wort ergreift und der Basis in fünf „Grundsätzen“ erklärt, auf welcher Politik ihr Mantra „Wir schaffen das“ fußt: „Wir helfen denen, die Schutzgründe haben. Sie sollen bei uns willkommen sein, dazu stehen wir“, sagt Merkel. Großer Applaus. „Jeder einzelne Mensch, auch wenn er das Land wieder verlassen muss, hat das Recht anständig behandelt zu werden“, fährt sie fort. Großer Applaus. Und den anderen müsse man sagen: „Ihr müsst unser Land wieder verlassen.“ Großer, sehr zufriedener Applaus. Armin Laschet, der hinter der Kanzlerin in der Scheinwerferhitze schwitzt, wischt sich erleichtert die Stirn ab.
Vielleicht die größte Erleichterung klatscht sich die Basis-CDU von der Seele, als Merkel erklärt, man müsse gleich vom ersten Tag an ganz selbstbewusst sagen: „Wer bei uns ein Recht zum Aufenthalt hat, muss sich an unsere Regeln halten. Ich werde das auch selber tun, wenn es notwendig ist.“
Den Rest kennen die Parteimitglieder längst, und er leuchtet ihnen auch offenkundig ein: Es muss eine europäische, gerechte Verteilung geben, die Außengrenzen müssen gesichert werden, und das alles wird dauern. Und noch eins gibt die Vorsitzende ihrer Basis mit: „Wenn es ernst wird, sollten wir zu dem stehen, was wir sonntags sagen.“
In der Wuppertaler Stadthalle gibt es keinen Aufstand der Basis gegen Angela Merkel. Die Beiträge zeigen eher, wie breit das Spektrum in der CDU Deutschlands ist. Es reicht vom Düsseldorfer Rechtsanwalt, der die Rechtmäßigkeit der Flüchtlingsaufnahme bezweifelt, über die Dortmunderin, die sich mehr Selbstbewusstsein gegenüber dem Islam wünscht, bis zu der Ehrenamtlerin, die sich bei der Flüchtlingsbetreuung mehr Unterstützung wünscht. Und dem Wuppertaler Michael Müller, der nach dem Kommunalwahlkampf eigentlich nur einen Wunsch hat: „Dass wir es schaffen, auf die Menschen auf der Straße zuzugehen und ihnen die Angst zu nehmen.“