Milliardenüberschuss im Gesundheitssystem weckt Begehrlichkeiten

Im Gesundheitssystem ist ein Finanzpolster von 28,3 Milliarden Euro angewachsen.

Berlin. Das Finanzpolster in der gesetzlichen Krankenversicherung hat 2012 einen neuen Rekordstand erreicht. Und der weckt Begehrlichkeiten. Allein die Krankenkassen haben dank der guten Arbeitsmarktlage und daraus resultierender Mega-Beitragseinnahmen inzwischen rund 15,2 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Hinzu kommen 13,1 Milliarden Euro, die als sogenannte Liquiditätsreserve im Gesundheitsfonds, der zentralen Geldverteilungsmaschine für die Kassen, stecken. Macht zusammen also 28,3 Milliarden Euro. Das teilte das Gesundheitsministerium gestern mit. Doch wohin mit dem vielen Geld?

Ginge es nach Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), dann müsste der Gesundheits-Etat noch stärker für die Sanierung des Gesamthaushalts bluten. Seit dem Jahr 2004 fließen in die gesetzliche Krankenversicherung nämlich zusätzliche Steuermittel, die zuletzt auf 14 Milliarden Euro angewachsen waren. Gedacht ist das Extra-Geld für die Begleichung von nicht durch Beiträge gedeckten Leistungen. Darunter fallen zum Beispiel die kostenlose Mitversicherung von Kindern und der Bezug von Mutterschaftsgeld. Wegen der prächtigen Finanzlage in der Krankenversicherung hat Schäuble den Zuschuss schon für das laufende Jahr gekürzt.

Allerdings wird es mit den üppigen Überschüssen in der Krankenversicherung nicht mehr so weitergehen. Zum einen wurde die Praxisgebühr gestrichen. Dadurch kommen 2013 rund zwei Milliarden Euro weniger in die Kasse. Außerdem erhalten Ärzte und Apotheker mehr Honorar. Obendrein steigen die Ausgaben für die Krankenhäuser. Nach Prognosen können sich die Mehrbelastungen auf bis zu zehn Milliarden Euro summieren.

Gemessen an ihren stattlichen Rücklagen bleibt da aber immer noch ein Polster übrig. Bahr plädiert deshalb für eine verstärkte Auszahlung von Prämien an die Versicherten. Schon 2012 hatten kleinere Kassen insgesamt 53 Millionen Euro an ihre Kunden zurückgezahlt.

Auch der Gesundheitsökonom Gerd Glaeske ist der Ansicht, dass Überschüsse den Beitragszahlern zustehen und nicht dem Finanzminister. Denkbar sei daher eine Senkung des Beitrags, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung sagte. Der Kassenbeitrag könnte von 15,5 auf 14,6 Prozent sinken. Für einen Versicherten mit einem Verdienst von 3000 Euro brutto wäre das eine monatliche Entlastung von 27 Euro.