Millionen Qualifizierte erhalten Niedriglohn
Die Zahl der Menschen mit Ausbildung steigt, die trotz Vollzeitstelle nur wenig verdienen.
Berlin. Immer mehr qualifizierte Vollzeitbeschäftigte arbeiten für einen Niedriglohn. Das geht aus einer Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor, die unserer Zeitung vorliegt.
Demnach zählten 2010 rund 2,2 Millionen Vollzeitarbeiter mit Berufsabschluss zu den Geringverdienern. Das waren knapp 150 000 mehr als 1999. Insgesamt verfügt rund die Hälfte aller Niedriglöhner über eine abgeschlossene Berufsausbildung.
Die steigende Zahl der Niedrig-löhner mit Berufsabschluss passe nicht zu den Klagen vieler Betriebe über Fachkräftemangel, sagte der Arbeitsmarktexperte beim DGB-Bundesvorstand, Wilhelm Adamy, unserer Zeitung. Vielmehr sei sie ein Indiz dafür, „dass die Qualifikationspotenziale nicht zielgenau genutzt oder Ausgebildete nicht qualifikationsgerecht vergütet werden“.
Die Wahrscheinlichkeit, für einen Niedriglohn zu arbeiten, ist laut Gewerkschaftsbund stark von der jeweiligen Wirtschaftsbranche abhängig. So spiele das Problem zum Beispiel im Produzierenden Gewerbe nur eine untergeordnete Rolle. Die Niedriglohnquoten liegen dort bei 10,4 (West) beziehungsweise 12,5 Prozent (Ost).
In Dienstleistungsberufen sei das Risiko einer schlechteren Bezahlung dagegen überdurchschnittlich hoch. Aber auch in anderen Zweigen wie etwa der westdeutschen Land- und Forstwirtschaft liege der Bruttolohn von mehr als der Hälfte der Vollzeitkräfte unter der westdeutschen Niedriglohnschwelle, heißt es in der Studie weiter.
Laut Bundesagentur für Arbeit verdiente Ende 2010 jede achte bis neunte Vollzeitkraft höchstens 1500 Euro brutto im Monat. Das waren gut drei Millionen Menschen. Ein Drittel davon kam auf ein Monatsbrutto von maximal 1000 Euro. Unter Einschluss aller Sonderzahlungen ist das bei einer 38,5-Stundenwoche ein Stundenlohn von sechs Euro.