Fake News Mit Fairness gegen Trolls
Die Parteien suchen nach Mitteln gegen Fälschungen und Einflussnahmen im Netz
Berlin. In der Union rieb man sich am Dienstag etwas verwundert die Augen: "Da brauchen wir mehr Butter bei die Fische", meinte Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer mit Blick auf die Anregung von SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, ein Fairness-Abkommen der Parteien für den Wahlkampf im Internet abzuschließen.
Es sei ohnehin "eine Selbstverständlichkeit", ergänzte der CDU-Mann, sich möglichst fair zu verhalten. Hinter dem Verlangen aus der SPD steckt freilich weit mehr als nur die Forderung nach einem freundlichen Umgang: Die Genossen hoffen, dass alle Parteien sich per Selbstverpflichtung gegen das wappnen, was im kommenden Jahr im Bundestagswahlkampf via Netz auf sie zukommen wird: Hackerangriffe, Fake-News, Meinungsmache durch computergesteuerte Programme, auch "Trolls" und "Social Bots" genannt.
In der Vergangenheit hatten sich die Parteien öfter mal abgesprochen, aber da handelte es sich zum Beispiel um die Frage, wann man mit der Plakatierung im Wahlkampf beginnt. Nicht zu vergleichen ist das mit dem, worum es jetzt geht - um den "Feind im Netz", wie Grosse-Brömer meinte. Die SPD will daher festzurren, dass keine Partei computererzeugte Nutzerprofile, mit denen positiv und negativ kommentiert und beeinflusst wird, einsetzt. Oder andere Meinungsroboter. Das plant die Union sowieso nicht, wie CDU-Generalsekretär Peter Tauber unlängst erklärte. Nur die AfD denkt über Derartiges nach. Und anders als im US-Wahlkampf hoffen die Genossen, dass hierzulande alle sehr sorgsam auf plötzlich aufkommende Verdächtigungen oder gezielte Desinformationen im Netz reagieren. Das will die Union auch, so CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Diesbezüglich stehe jeder in der Verantwortung.
Ein Fairness-Abkommen ist somit eher unwahrscheinlich. Doch was tun gegen gefälschte Nachrichten, gegen die Einflussnahme von außen auf die Bundestagswahl beispielsweise durch russische Hacker? "Die Abwahl von Angela Merkel wäre für Putin ein ziemlicher Erfolg", warnte Grosse-Brömer. Neben den Nachrichtendiensten, die Versuche der Destabilisierung abwehren und analysieren müssten, sah der CDU-Mann vor allem Bundesjustizminister Heiko Maas in der Plicht. Der SPD-Politiker müsse endlich liefern, damit soziale Netzwerke wie Facebook "haftungsrechtlich" zur Verantwortung gezogen werden könnten, wenn "Grenzen überschritten werden". Bei der Verbreitung von Fake-News müsse Maas zudem detailliert prüfen, betonte Hasselfeldt, "ob wir rechtlichen Handlungsbedarf haben". Das gelte auch für Beleidigungen im Netz. Hasselfeldt ergänzte, sie unterstütze die Forderung nach Bußgeldern für Facebook & Co, wenn gefälschte Nachrichten oder üble Verleumdungen nicht zügig gelöscht würden.
Diese Idee stammt von Volker Kauder. Der Unionsfraktionschef meinte am Dienstag, er habe mit Justizminister Maas für Anfang 2017 Gespräche darüber vereinbart, wie Facebook dazu zu bringen sei, Verleumdungen schneller von den Seiten zu streichen. Es gebe erhebliche Zweifel, ob die großen sozialen Netzwerke ihren gesetzlichen Verpflichtungen beim Löschen von Hasskommentaren oder falschen Nachrichten nachkämen. Auch die Frage von Bußgeldern werde deswegen geprüft. Fraktionschef Oppermann riet, die bestehenden rechtlichen Rahmen "konsequent auszuschöpfen". Allerdings werde die Koalition "bei Defiziten nachschärfen". Feststeht: Das nächste Jahr wird eine ziemliche Herausforderung. So jedenfalls am Dienstag alle Politiker.