Berlin: Luxus-Füller für 68.000 Euro Montblanc-Affäre im Bundestag: „Bild“ nennt 90 Namen
Mehr als 100 Abgeordnete sollen 2009 für mehr als 68.800 Euro Luxus-Füller bestellt haben. Man fragt sich: Wozu?
Berlin. Seit 2009 streitet „Bild“ mit Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) über die Herausgabe der Namen von mehr als 100 Bundestagsabgeordneten, deren Büro-Mitarbeiter kurz vor Ende der Wahlperiode noch schnell 396 Füllfederhalter und Stifte der Hamburger Luxus-Marke Montblanc für 68 800 Euro bestellt haben sollen.
Am Mittwoch veröffentlichte Bild eine selbst recherchierte Liste mit 90 Namen, während vor Gericht weiter um die komplette Liste gestritten wird. Unter den am Mittwoch veröffentlichten Namen: Norbert Lammert, dessen Büro sechs Füller und drei Kulis für 1350 Euro angeschafft haben soll.
Auf der Liste finden sich auch der Krefelder Ex—FDP-Bundestagsabgeordnete Otto Fricke (805,31 Euro) und der niederrheinische CDU-Ex-Abgeordnete Willy Wimmer (1805,42 Euro). Den Vogel schießt Ronald Pofallas Büro mit Bestellungen für 3307,61 Euro ab. Dafür würden unter anderem fünf Füller, fünf silberne Drehbleistifte und elf Kugelschreiber angeschafft.
Besonders begehrt war offenbar der Klassiker unter den Montblanc-Artikeln, der Füllfederhalter „Meisterstück“, der in vielfachen Ausfertigungen seit beinahe 80 Jahren nahezu unverändert hergestellt wird. Adenauer soll sich 1963 Kennedys „Meisterstück“ geliehen haben, um sich ins Goldene Buch Berlins einzutragen, der ehemalige französische Staatspräsident Sarkozy soll seinem rumänischen Amtskollegen einen geklaut haben.
Ein Stift mit viel Prestige, im Handel ab rund 600 Euro erhältlich — und zum Schreiben vielleicht das unpraktischste Gerät, das es zu diesem Preis gibt. Der Hersteller wirbt mit der Behauptung, das „Wesen eines jeden Füllfederhalters“ werde von seiner Feder bestimmt. Nicht nur: Das einst revolutionäre Montblanc-Tintensystem (Kolbenkonverter) ist mit normalen Patronen nicht benutzbar und schreibt sich im Dauereinsatz des Büro-Alltags schnell leer. Ist kein Tintenfass in der Nähe, war’s das. Die Optik des Stifts verdankt sich bei den meisten Modellen einem Körper aus Edelharz, der auf ruppige Behandlung empfindlich reagiert. Wer einen Stift zum Arbeiten braucht, kauft einen anderen.