Mutmaßlicher IS-Terrorist sagt vor Gericht nicht aus
Frankfurt/Main (dpa) - Trotz der Aussicht auf Strafmilderung will der Angeklagte im ersten deutschen Prozess gegen ein mutmaßliches Mitglied der Terrormiliz „Islamischer Staat“ nicht aussagen. Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt lehnte der 20-Jährige das Angebot des Richters ab: „Ich will einfach nichts sagen.“
Zum Prozessauftakt am Montag hatte der Vorsitzende ihm ein mildes Urteil in Aussicht gestellt, wenn Kreshnik B. gesteht, dass er 2013 in Syrien gekämpft hat und Fragen dazu beantwortet.
Die Bundesanwaltschaft wirft dem 20-Jährigen die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung und die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat im Ausland vor. Darauf stehen eigentlich zehn Jahre Gefängnisstrafe, Kreshnik B. könnte aber unter viereinviertel Jahren Haft nach Jugendrecht davonkommen.
„Sie wissen, dass Sie einen Bonus verspielen?“, redete Richter Thomas Sagebiel dem Angeklagten ins Gewissen. „Sie machen sich Ihr junges Leben kaputt.“ Er müsse auch keine Namen nennen. „Wir wollen wissen, wie Sie aus einem relativ unauffälligen Leben diese Wendung vollzogen haben.“ Das Gericht hofft nun beim nächsten Verhandlungstermin am 10. Oktober auf eine Einlassung des Angeklagten oder zumindest eine Erklärung seines Anwalts.
Am Freitag erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen drei weitere mutmaßliche Unterstützer des IS. Die beiden Frauen und ein Mann im Alter zwischen 22 und 25 Jahren werden vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten angeklagt. Eine der Angeschuldigten ist den Angaben zufolge seit Ende März in Untersuchungshaft. Die beiden anderen befinden sich auf freiem Fuß.
Im Frankfurter Prozess beleuchtete ein Sachverständiger den „Islamischen Staat“, der unter verschiedenen Namen und in zahllosen Untergruppierungen aktiv ist. „Es ist eine terroristische Organisation, die staatsähnliche Züge aufbaut, totalitär geführt wird und die enormen Zulauf hat“, sagte Guido Steinberg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik. Rund 2000 europäische Muslime hätten sich seit 2012 den Kämpfern in Syrien und im Irka angeschlossen. Für Ausländer sei der IS inzwischen „attraktiver als Al-Kaida“.
In Syrien sei die Bewegung im Bürgerkrieg erstarkt, der Kampf gegen das Assad-Regime stehe aber nicht im Mittelpunkt. Der IS habe „einen Anspruch auf die Herrschaft über alle Muslime“. Die Milizen verübten Selbstmordattentate und Massaker und ermordeten politische Gegner, für die Finanzierung würden Ölfelder und Gasverteileinrichtungen eingenommen. Wer einen Treueschwur geleistet habe, können diesen nicht mehr selbst lösen.