Mutmaßlicher NSU-Unterstützer bestreitet Beschaffung der Mordwaffe
München (dpa) - Im NSU-Prozess hat sich das Oberlandesgericht München am Montag bemüht, das Netz der Waffenbeschaffer für den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) auszuleuchten.
Als einziger Zeuge war ein Mann geladen, der die Mordwaffe vom Typ „Ceska“ nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft von einem Schweizer Staatsbürger erhalten und nach Deutschland gebracht haben soll.
Anschließend soll er die Waffe an einen Bekannten weitergereicht haben. Über weitere Stationen soll sie zum Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gelangt sein. Der Zeuge war in Begleitung eines Anwalts erschienen. Zwei frühere Vernehmungen im Februar und März 2014 waren geplatzt.
Die Befragung des Zeugen verlief äußerst zäh. Immer wieder machte er Gedächtnislücken geltend. Er bezeichnete den Schweizer als Freund, den er ein- bis zweimal jährlich in der Schweiz besuche. Zuletzt habe er im Februar 2014 einen dreiwöchigen Urlaub mit ihm in Thailand verbracht. „Was haben Sie da besprochen?“, erkundigte sich der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Dass er ständig zu Verhören und zum Gericht müsse, antwortete der Zeuge.
„Was sonst?“, insistierte der Richter. Der Zeuge antwortete: „Gar nichts. Der blockt da ab. Der redet da nicht mehr drüber.“ Er selbst habe auch nicht weiter nachgefragt. Dass der Schweizer „diese Ceska-Waffe gehandelt“ haben soll, wisse er nur „aus dem Internet“.
„Und dann verbringen Sie mit dem Ihren Urlaub und fragen ihn nicht?", warf Götzl verärgert ein und fragte in mahnendem Ton: „Sind Sie schon mal wegen einer Falschaussage verurteilt worden?“ Der Zeuge antwortete überraschend mit „ja“, wollte sich aber auch hier nicht mehr erinnern, worum es dabei ging.
Erst nach zahlreichen Nachfragen räumte er ein, sich mit dem Schweizer über die Ermittlungen ausgetauscht zu haben. Die beiden hätten sich gegenseitig Unterlagen und Durchsuchungsbeschlüsse gezeigt. Er habe auch gewusst, dass der Mann wegen der Ceska-Pistole und der „Dönermorde“ vorübergehend in der Schweiz in Untersuchungshaft gesessen habe.
Mehrfach bestritt der Zeuge, mit der Beschaffung der NSU-Mordwaffe etwas zu tun gehabt zu haben. „Ich frag' mich, wie ich da reinrutschen konnte“, sagte er. In einem Polizeiverhör, das Richter Götzl ihm vorhielt, hatte er dazu gesagt, er habe nach dem Auffliegen des NSU-Trios im November 2011 damit gerechnet, ins Visier der Ermittler zu geraten, weil er aus seiner Schulzeit Uwe Böhnhardt kannte. Er habe mit Böhnhardt aber nur etwa ein halbes Jahr zu tun gehabt und den Kontakt nach einem Streit abgebrochen.
Vor Gericht beklagte sich der Zeuge über die Methoden von Polizei und Bundesanwaltschaft. SEK-Beamte hätten seine Wohnungstür eingetreten. Bei einer Befragung in Karlsruhe habe der Staatsanwalt „getobt und gebrüllt“.
Die Ceska-Pistole gilt den Ermittlern als zentrales Beweisstück, weil sie bei allen neun Mordanschlägen auf Opfer mit Migrationshintergrund benutzt wurde. Das Gericht kündigte an, den Zeugen erneut vorzuladen.