Nach Beutezug in Lippe wird wieder über den Wolf gestritten
Im Märchen ist er immer der Bösewicht, Naturfreunde mögen ihn. Aber nachdem ein Wolf am Wochenende Ziegen im Kreis Lippe gerissen hat, stellt sich wieder die Frage, wie mit diesen Tieren umzugehen ist.
Düsseldorf/Barntrup (dpa) - Johannes Remmel gilt als Wolfsfreund. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) setzt sich für den Artenschutz ein und ist Wolfspate. Dass Meister Isegrim in NRW wieder heimisch wird, ist ihm ein Anliegen. Als am Wochenende zum vierten Mal seit 2009 ein Wolf in NRW nachgewiesen werden konnte, gab das der Minister gleich mit einer „Eilt“-Notiz beim Kurznachrichtendienst Twitter bekannt.
Die Begeisterung für das Raubtier teilt nicht jeder in NRW. Landwirte haben Angst um ihre Tiere. Auch die Familie aus dem Kreis Lippe, deren Ziegen ausgerechnet am Osterwochenende von einem Wolf getötet wurden, sorgt sich. Es sei „erschreckend, so nah vor der Haustür einen Wolf zu haben“, meinte die Mutter der Familie.
Auch Naturschützer, die sich wie Remmel für die Rückkehr des Wolfes einsetzen, sind sich der Problematik bewusst: „Für Nutztiere können Wölfe eine tödliche Gefahr sein“, macht Thomas Pusch, Wolf-Experte beim Naturschutzbund (NABU) NRW deutlich. Dem Öko-System aber käme die Rückkehr des Wolfes zugute.
In der Natur erfülle das Raubtier Aufgaben einer Art „Gesundheitspolizei“, während es für den Menschen keine direkte Bedrohung sei, meint Pusch. Er empfiehlt, Nutztiere mit festen Elektrozäunen zu schützen und Herdenschutzhunde einzusetzen. „Aber einen 100 prozentigen Schutz gibt es natürlich nicht“, sagt auch der NABU-Experte.
Das hatte auch die Familie aus Barntrup merken müssen: Sie hatten einen hohen Elektrozaun ums Gehege gebaut. Genützt hat es nichts. Nun überlegt das Elternpaar, wie sie ihre verbleibenden sechs Tiere besser schützen könnten.
Die Frage stellt sich auch Gerd Dumke, ein Vorstand der Schafzüchtervereinigung Nordrhein-Westfalen. Er sorgt sich um die mehr als 136 000 Schafe im Land. Dass Angriffe von Wölfe auf Nutztiere zunehmen werden, steht für ihn außer Frage.
Dumke fordert mehr Unterstützung von der Landesregierung. Denn für Landwirte kosteten Wolfsriss-Fälle und Präventivmaßnahmen viel Zeit, Aufwand und Geld. Nach Angaben des Umweltministeriums hielten sich diese Fälle bisher aber in Grenzen: Bei drei von vier Wolfsnachweisen seit 2009 seien Nutztiere gerissen worden. „Ich fürchte, dass die Dunkelziffer viel größer ist“, sagt Dumke.
Er wünscht sich einen Wolfsmanagementplan, wie ihn die Landesregierung schon seit einiger Zeit verspricht. Darin festzuhaltende Regelungen etwa zu Entschädigungen für Wolfs-Risse sind teils schon in kraft.
Die Familie aus Barntrup etwa bekommt ihre Tiere zumindest finanziell ersetzt. Gerade bei der Unterstützung von Präventivmaßnahmen brauche es aber Nachbesserung, meint Dumke. Auch Naturschützer fordern den Wolfsmanagementplan. Denn es sei auch Aukfgabe des Landes, die Rückkehr der Wölfe abzusichern.
Im Umweltministerium wartet man auf das Ergebnis eines DNA-Tests vom Speichel des Barntruper Wolfs. Der Test soll Auskunft darüber geben, ob dieser Wolf schon einmal andernorts aufgetaucht ist. Würden sich Nachweise von ihm häufen, könnte NRW bald über den Status eines Wolfserwartungslandes hinaus kommen.