Regierungskrise in Hannover Niedersachsen wählt am 15. Oktober neue Landesregierung
Hannover (dpa) - Die Wähler in Niedersachsen sollen am 15. Oktober einen neuen Landtag wählen - drei Wochen nach der Bundestagswahl. Dies hat Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Montag nach Gesprächen mit Vertretern der anderen Parteien und Fraktionen angekündigt.
Landeswahlleiterin Ulrike Sachs hatte Bedenken geäußert, die Abstimmung am selben Tag wie die Bundestagswahl (24. September) stattfinden zu lassen und zur Begründung auf juristische und organisatorische Hürden verwiesen.
Die vorgezogene Wahl wird nötig, weil sich der Landtag nach dem Verlust der rot-grünen Mehrheit voraussichtlich selbst auflöst. Ausgelöst worden war die Krise von der Abgeordneten Elke Twesten, die am Freitag überraschend ihren Wechsel von den Grünen zur CDU erklärt hatte. Dadurch hatte Rot-Grün seine Einstimmen-Mehrheit verloren.
Über die Auflösung will der Landtag an diesem Donnerstag in einer Sondersitzung beraten. Formell beschlossen werden soll dies dann am 21. August, wie Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) ankündigte. Nötig dafür ist dann eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Zunächst hatten die meisten Landespolitiker den Tag der Bundestagswahl favorisiert. Um zu rechtssicheren Wahlen zu gelangen, müssten aber eine Vielzahl rechtlicherer Voraussetzungen berücksichtigt werden, sagte Weil. „Ich hielte es für ganz falsch, wenn aus der aktuellen Verwirrung auch noch zusätzlich eine Wahl entstehen würde, die nicht den rechtlichen Voraussetzungen entsprechen würde. Deshalb waren möglicherweise die einen oder anderen etwas vorschnell, die sich auf einen bestimmten Termin festgelegt haben.“
CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann (CDU) sagte: „Ich glaube, es bliebe nach wie vor die beste Lösung, gemeinsam mit der Bundestagswahl zu wählen.“ In einer schwierigen Situation habe sich die CDU die Entscheidung nicht leicht gemacht, „uns hier gemeinsam mit allen Parteien darauf zu verständigen, dass der 15. Oktober ein Kompromissdatum ist, was möglichst schnell zu Klarheit und Stabilität in Niedersachsen zurückführt“.
Nach dem Verlust seiner rot-grünen Koalitionsmehrheit sieht sich Weil auch mit Vorwürfen im VW-Dieselskandal konfrontiert: Im Oktober 2015 hatte er eine Regierungserklärung zur VW-Affäre vorab an den Autokonzern gegeben, um diese rechtlich prüfen zu lassen. Vor allem aus Reihen der CDU kam dafür Kritik. Weil, der auch VW-Aufsichtsrat ist, wies den Vorwurf einer Einflussnahme durch VW zurück und erklärte, es sei lediglich um Rechts- und Faktenfragen gegangen.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil warf der CDU im Zusammenhang mit Weil und der VW-Affäre eine Diffamierungskampagne vor. Die Union versuche, Weil mit haltlosen Unterstellungen in den Schmutz zu ziehen, sagte Heil am Montag in Berlin. Es sei kein Zufall, dass das Thema gerade jetzt auftauche. Die CDU in Niedersachsen fahre eine Kampagne gegen Weil. Das Vorgehen laufe nach dem Motto: „Wir werfen mal Dreck, (...) irgendwas bleibt schon hängen.“ Die Vorwürfe gegen Weil seien „offensichtlich Teil einer Inszenierung, die die Union sich wünscht“. Heil sagte, er könne sich auch vorstellen, dass die Union hinter dem Bericht zu Weils Rücksprache mit VW stecke.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte erneut Konsequenzen. „Das Gemauschel bei der Regierungserklärung in Niedersachsen ist eine handfeste Affäre und muss definitiv Weils Rücktritt bedeuten“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“.