Nur noch Belgien vor uns OECD: Abgabenlast in Deutschland weit über dem Durchschnitt
Paris (dpa) - Die Menschen in Deutschland tragen im internationalen Vergleich weiter eine enorme Last an Steuern und Sozialabgaben. Das gilt besonders für kinderlose Alleinstehende.
Sie führten nach einer OECD-Untersuchung im Jahr 2017 durchschnittlich 49,7 Prozent ihres Arbeitseinkommens an den Staat ab - einschließlich des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben. Das ist ein Anstieg um 0,3 Prozentpunkte gegenüber dem Jahr zuvor.
Unter den 35 bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vertretenen Industrieländern liegt damit bei diesem Personenkreis nur noch Belgien vor Deutschland. Der OECD-Schnitt liegt bei 35,9 Prozent.
Besser sieht es für Familien aus. Ehepaare mit zwei Kindern führen in Deutschland im Durchschnitt 34,5 Prozent ihres Arbeitseinkommens an den Staat ab. Damit liegt die Bundesrepublik im Kreis der Industriestaaten auf dem neunten Platz - aber noch deutlich über dem Schnitt von 26,1 Prozent. Frankreich führt hier die Liste mit 39,4 Prozent an. Die niedrigste Last schultern Paare mit Kindern in Neuseeland (6,4 Prozent), noch vor Chile und der Schweiz.
In vielen Ländern sind in den vergangenen Jahren nach OECD-Angaben die finanziellen Zuschüsse für Familien mit Kindern deutlich gestiegen. Davon profitierten insbesondere alleinerziehende Geringverdiener. Diese Gruppe erhalte häufig oft mehr Zahlungen, als an Steuern oder Sozialabgaben abgeführt werden.
Die Koalition hat vereinbart, den Solidaritätszuschlag schrittweise wegfallen zu lassen - ab 2021 mit 10 Milliarden Euro Entlastung, die 90 Prozent der Zahler vom Soli befreien soll. Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag soll um 0,3 Prozentpunkte sinken.
Das Forschungsinstitut der deutschen Wirtschaft forderte, den Solidaritätszuschlag vollständig abzuschaffen und zwar beginnend 2019. „Die hohe Abgabenlast deutscher Arbeitnehmer im internationalen Vergleich zeigt, dass es hier dringenden Handlungsbedarf auf Seiten der Politik gibt“, sagte IW-Chef Michael Hüther den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Tatenlosigkeit in der Vergangenheit führte dazu, dass die gute Lohnentwicklung nicht in den Taschen der Arbeitnehmer ankam, sondern zu einem großen Teil beim Staat landete.“