Streit in der GroKo Oppermann: Seehofer als Innenminister eine Fehlbesetzung

Berlin (dpa) - Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann (SPD) hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach dessen Aussage, wonach die Migrationsfrage die „Mutter aller politischen Probleme“ sei, scharf kritisiert.

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„Er ist als Innenminister eine Fehlbesetzung und als Verfassungsminister ist er eine Zumutung“, sagte Oppermann am Freitag im Deutschlandfunk. Seehofer rede erneut wie ein AfD-Politiker: „Die haben keine Lösung für die Probleme, aber sie haben für jedes Problem einen Sündenbock.“ Der Minister diffamiere mit seiner Aussage an die 20 Millionen Deutsche, die einen Migrationshintergrund haben. „So darf ein Verfassungsminister nicht sprechen.“

Zuvor hatte Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth angesichts des neuen Wirbels um CSU-Chef Seehofer eine Konzentration auf die Lösung von Sachproblemen der Migration verlangt. „CDU und CSU haben sich Anfang Juli nach einer für alle anstrengenden Debatte auf eine konkrete Vereinbarung in Sachen Migration verständigt“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Ich sehe nicht, dass diese Vereinbarung von jemandem infrage gestellt worden wäre“, betonte Harbarth und ergänzte: „Wir sollten uns nun auf die Sacharbeit konzentrieren.“

Nach Ansicht des CDU-Innenexperten bedeutet dies: „Wir wollen zeitnah den Kreis der sicheren Herkunftsstaaten erweitern. Wir müssen die Einrichtung der Anker-Zentren voranbringen und wollen auch neue Mitwirkungspflichten von Schutzberechtigten bei der Überprüfung ihres Schutzstatus einführen.“ Der Begriff Anker-Zentrum steht für „Zentrum für Ankunft, Entscheidung, Rückführung“.

Harbarth verteidigte Seehofer gegen Kritik wegen dessen Äußerung, die Migrationsfrage sei „Mutter aller politischen Probleme“ in Deutschland. „Wenn man die Aussagen des Innenministers im Kontext des Interviews sieht, dann hat er vor allem darauf aufmerksam gemacht, dass das Thema Migration auch eine Projektionsfläche für Sorgen ist, die ihren Ursprung an ganz anderen Stellen haben“, sagte Harbarth. „Ich glaube, das kann man nicht wirklich bestreiten.“

Die erste parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Britta Haßelmann, kritisierte den Bundesinnenminister dagegen scharf: „So eine Art von Spaltung zu betreiben, finde ich einen Skandal“, sagte sie „Neuen Westfälischen“.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte, betonte, Ostdeutschland habe kein Demokratiedefizit. „Die Ostdeutschen wissen sehr gut, was Demokratie bedeutet“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Nicht für die Straftaten und die Hetze kann man Verständnis haben. Aber dafür, dass Frust entsteht.“ Hirte forderte: „Staatliche Institutionen, gerade im Osten, müssen entschlossen auftreten. Es darf nicht der leiseste Eindruck entstehen, das Gewaltmonopol des Staates stünde zur Disposition.

Harbarth sagte der dpa weiter, gerade der Fall eines der beiden Tatverdächtigen von Chemnitz zeige, wie wichtig es sei, „dass Angaben zur Identität, Staatsangehörigkeit sowie zum Fluchtgeschehen bei Bedarf noch einmal mit Hilfe des Betroffenen überprüft werden können“, sagte Harbarth.

Der nach der tödlichen Messerattacke festgenommene Iraker hätte laut Verwaltungsgericht Chemnitz schon im Mai 2016 abgeschoben werden können. Die Abschiebung wurde aber nicht vollzogen, weshalb die Überstellungsfrist von sechs Monaten ablief.