Papst besucht Gedenkstätte für NS-Opfer in Rom
Rom (dpa) - Zum Gedenken an die Opfer der Nazi-Verbrechen in Italien hat Papst Benedikt XVI. am Sonntag die „Ardeatinischen Höhlen“ von Rom besucht.
In den Tuffsteinhöhlen am südlichen Stadtrand erschoss die SS im März 1944 mehr als 300 Menschen als Vergeltung für ein Attentat der italienischen Widerstandsbewegung. Benedikt folgte mit dem Besuch einer Einladung des Hinterbliebenenverbands der Widerstandkämpfer (ANFIM). Das Massaker der „Fosse Ardeatine“ gilt in Italien bis heute als eines der schlimmsten Nazi-Gräuel auf italienischem Boden.
„Das, was hier am 24. März 1944 geschah, ist eine furchtbare Beleidigung Gottes in Form der willkürlichen Gewalt des Menschen gegen den Menschen, welche die verwerflichste Auswirkung des Krieges ist“, sagte der Papst sichtlich bewegt bei einer kurzen Ansprache vor dem Eingang der Höhlen. Zuvor hatte er einen großen Korb roter Rosen am Grabstein der Opfer niedergelegt, um dann die Gedenkstätte zu besuchen und dort zu beten. Vor Benedikt hatten auch Papst Paul VI. und Papst Johannes Paul II. die Gedenkstätte besucht.
Begleitet wurde das 83-jährige Kirchenoberhaupt unter anderem vom Oberrabbiner von Rom, Riccardo Segni, der Präsidentin des Opferverbands sowie von Vertretern des Militärs. Auch ein Kardinal, dessen Vater zu den Opfern zählt, Monsignore Andrea Lanza Cordero di Montezemolo, war bei dem Besuch dabei. Dass ein deutscher Papst den Ort des Massakers besuche, erfülle ihn mit „tiefer Bewegung und Dankbarkeit“, sagte er der Vatikanzeitung „L'Osservatore Romano“ (Sonntag).
Der Vater des Kardinals, Giuseppe di Montezemolo, wurde im Januar 1944 verhaftet. Der italienische Offizier, der gegen die deutschen Besatzer und italienischen Faschisten im Widerstand war, war vermutlich verraten worden. Er sei zunächst in das gefürchtete Gefängnis der SS in der Via Tasso im Zentrum von Rom gekommen, erzählt der Kardinal, der damals noch keine 20 Jahre alt war. Später musste er den Vater unter den Toten der Tuffsteinhöhlen identifizieren.
Am 23. März 1944 hatten kommunistische Partisanen einen Anschlag in der Via Rasella im römischen Stadtzentrum verübt, bei dem 33 SS-Soldaten der Polizeibrigade „Bozen“ ums Leben kamen. Die deutschen Besatzer forderten sofortige Vergeltung. Nach einem ersten Plan, das ganze Stadtviertel zu sprengen, kam aus Berlin schließlich die Order, für jeden getöteten SS-Mann zehn italienische Geiseln umzubringen.
Am Nachmittag fanden 335 Menschen zwischen 15 und 75 Jahren - Gefangene der SS, Juden, Partisanen, aber auch von der Straße weg willkürlich verhaftete Römer - in den Fosse Ardeatine den Tod. In Fünfergruppen wurden sie in die heutige Gedenkstätte geführt, dort mussten sie niederknien und erhielten einen Genickschuss. Danach strich SS-Hauptsturmführer Erich Priebke ihre Namen von der Liste. Bis heute ist die Identität von zehn der Leichen aus dem Massengrab der Tuffsteinhöhlen ungeklärt.
Priebke, der im November 1998 in Rom vor einem italienischen Militärgericht wegen seiner Beteiligung am Massaker der „Fosse Ardeatine“ zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, lebt noch heute in der Ewigen Stadt - im Hausarrest. Er konnte bis vor kurzem einer Tätigkeit nachgehen, kann spazieren gehen, einkaufen.