Piraten: Halbe Firma sitzt jetzt im Berliner Parlament

Weil vier der neuen Abgeordneten in dem selben Unternehmen arbeiten, herrscht dort bald Personalmangel.

Berlin. Für die frisch gewählten Abgeordneten der Berliner Piratenpartei sind seit der Wahl am Sonntag aufregende Zeiten angebrochen. Die Fraktion muss sich konstituieren, Büros müssen bezogen und die Regeln des Abgeordnetenhauses studiert werden. „Und manche müssen jetzt auch ihren Chefs sagen, dass sie bald nicht mehr kommen“, sagt Christopher Lauer (Foto: dpa).

Für ihn und drei weitere Jung-Abgeordnete ergibt sich eine besondere Situation: Alle vier arbeiten in ein und derselben Firma. Das erst im März gegründete Startup entwickelt Handy-Software — wenn Ende Oktober die Legislaturperiode beginnt, ist fast die Hälfte der achtköpfigen Belegschaft weg. Nur Geschäftsführer Pavel Mayer will zunächst beide Jobs machen, zwischen Abgeordnetenhaus und Firma pendeln.

„Das ist ein Einschnitt, über den wir sprechen müssen“, sagt Christopher Lauer. Er hat bislang als Produktmanager und Pressesprecher gearbeitet, will sich in Zukunft aber voll auf seine politische Tätigkeit konzentrieren. Dass jetzt alle über das junge Startup reden, ist dem 27-Jährigen gar nicht so recht: „Wir wollen unseren Wahlerfolg nicht dazu nutzen, um Werbung für die Firma zu machen.“

15 Kandidaten hatte die Piratenpartei bei der Berlin-Wahl ins Rennen geschickt, genau so viele Sitze hat sie auch geholt. Wenn jetzt einer von ihnen einen Rückzieher machen sollte, ginge sein Sitz verloren. Bislang deutet sich allerdings kein Verzicht an.

Am Mittwoch trifft sich die Fraktion, um über die nächsten Schritte zu beraten. „Wenn eine Partei wiedergewählt wird, tauscht sie vielleicht ein paar Abgeordnete aus, behält aber ihre Infrastruktur. Für uns ist alles komplett neu“, sagt Lauer.

Vielleicht bekommen die Politik-Neulinge bald Nachhilfe: Es hätten sich bereits ehemalige Parlamentarier angeboten, ihnen beratend zur Seite zu stehen. Auch darüber wollen die Piraten heute beraten.