Polizisten weisen Vorwürfe wegen Stuttgart-21-Einsatz zurück
Stuttgart (dpa) - Knapp vier Jahre nach dem massiven Wasserwerfer-Einsatz gegen Gegner des Bahnprojektes Stuttgart 21 haben zwei angeklagte Polizeiführer die Verantwortung für die Folgen zurückgewiesen.
Sie hätten während der Aktion keine Informationen darüber gehabt, dass Demonstranten durch die Wasserstöße verletzt worden seien, sagte ihr Verteidiger Olaf Hohmann zu Prozessauftakt am Landgericht Stuttgart.
Den beiden Beamten wird fahrlässige Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Bei der Räumung des Stuttgarter Schlossgartens hatte die Polizei am 30. September 2010 zwei Wasserwerfer und Schlagstöcke gegen Gegner des milliardenteuren Bahnprojekts eingesetzt. Insgesamt wurden an diesem „Schwarzen Donnerstag“ laut Innenministerium 130 Demonstranten und 34 Beamte verletzt, einige von ihnen schwer. Projektgegner sprechen von weit höheren Zahlen.
Die Anklage legt den Polizeiführern zur Last, bei der Räumung des Schlossgartens ihre Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Die Polizisten hätten nicht eingegriffen, als die Besatzungen der beiden Wasserwerfer heftige Wasserstöße auf Demonstranten abfeuerten, diese teils am Kopf trafen und schwer verletzten. Angeordnet war laut Staatsanwaltschaft lediglich ein leichterer Wasserregen.
Beide Angeklagte hätten keine Verstöße der ihnen unterstellten Wasserwerfer-Besatzungen wahrgenommen, sagte hingegen ihr Verteidiger Hohmann. Ihnen könne damit auch nicht vorgeworfen werden, dass sie nicht eingeschritten seien.
Der durch die Wasserwerfer verletzte Rentner Dietrich Wagner bezeichnete die Angeklagten zu Beginn des Prozesses als die „nicht wirklich Schuldigen“: „Die beiden haben die Vorgänge des 30.9. nicht ausgelöst.“ Wagner, der Nebenkläger ist, war damals schwer an den Augen verletzt worden und ist seither fast erblindet. Bilder des verletzten Mannes gingen damals um die Welt.
Das Landgericht Stuttgart hat zunächst rund 30 Verhandlungstage bis zum 22. Dezember angesetzt. Mit Spannung erwartet werden Aussagen dazu, wer die Order für das harte Vorgehen gab. Es gibt Vermutungen, dass sie aus der damaligen CDU/FDP-Landesregierung kam, womöglich vom damaligen Regierungschef Stefan Mappus (CDU) selbst. Ob Mappus auch als Zeuge in dem Prozess gehört wird, war zunächst noch unklar. Derzeit arbeitet auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags den harten Polizeieinsatz auf.