Ramelow schafft historischen Machtwechsel in Thüringen

Erfurt (dpa) - 25 Jahre nach dem Mauerfall steht mit Bodo Ramelow in Thüringen erstmals ein Linke-Politiker an der Spitze eines Bundeslandes. Der Landtag in Erfurt stimmte für den historischen Machtwechsel zu Rot-Rot-Grün und wählte Ramelow zum Ministerpräsidenten.

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Einen kleinen Dämpfer musste der 58-Jährige jedoch hinnehmen: Erst im zweiten Wahlgang erhielt er die nötigen 46 Stimmen - obwohl er fest davon ausgegangen war, dass die Mehrheit gleich beim ersten Anlauf steht. Er bekam da aber nur 45 Stimmen. Sein Dreierbündnis hat exakt 46 Sitze und damit nur einen mehr als die Opposition von CDU und rechtspopulistischer AfD.

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Ramelow nutzte seinen ersten Auftritt als Ministerpräsident für eine Geste an Kritiker und bat die SED-Opfer um Entschuldigung. Dabei sprach er persönlich einen Freund an, der einst im Stasi-Knast saß. „Lieber Andreas Möller: Dir und allen Deinen Kameraden kann ich nur die Bitte um Entschuldigung übermitteln.“ Nach seiner Vereidigung berief Ramelow noch am Freitag sein Kabinett, in dem die Linke vier Minister stellt, die SPD drei und die Grünen zwei.

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Nun wird debattiert, ob das Bündnis in Erfurt ein Modell für die Bundesebene sein kann, wie erste Stimmen auch in der SPD sagen. Linke- Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi sieht ein „wichtiges Zeichen“.

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Dem widersprachen SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi und SPD- Landeschef Andreas Bausewein: „Das ist kein Signal für den Bund.“ Auch Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sieht das so. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der „Frankfurter Rundschau“ (Samstag): „Vielleicht kann Bodo Ramelow seiner Partei langfristig zu einem Realitätsschub verhelfen.“ Derzeit sei die Linke „komplett regierungsunfähig“.

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Die Unionsparteien werfen der SPD - ihrem Koalitionspartner im Bund - eine Aufwertung der SED-Nachfolgepartei vor. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sprach von einem „Tag der Schande für das wiedervereinigte Deutschland“.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber meinte, die Absage von SPD-Chef Sigmar Gabriel an eine Zusammenarbeit mit der Linken auf Bundesebene sei „nicht glaubwürdiger geworden“. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sieht die Sozialdemokraten auf Kurs zu einem Bündnis mit der Linkspartei. Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte, der Schritt werde der SPD eher schaden.

Der Dachverband der SED-Opfer sprach nach Ramelows Wahl von einer Verhöhnung der Opfer. „Alte SED-Genossen und Stasi-Zuträger lenken nun das Land.“

In der Präambel des Koalitionsvertrags nennen Linke, SPD und Grüne die DDR einen Unrechtsstaat und versprechen Aufarbeitung. Der von Ramelow direkt erwähnte Möller sagte der Deutschen Presse-Agentur, er empfinde es als Gewinn, dass die Diskussion über DDR-Unrecht durch Ramelow wieder angestoßen werde.

Gegen eine Regierungsverantwortung der Linken hatten unter anderem Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Vorbehalte geäußert.

Die CDU, die in Thüringen 24 Jahre den Regierungschef gestellt hatte, ist nun in der Opposition. Sie wurde bei der Landtagswahl vor knapp drei Monaten zwar stärkste Partei, fand aber keinen Bündnispartner.

Nun kündigte die CDU eine „kraftvolle Oppositionsarbeit“ an, um das „Experiment“ Rot-Rot-Grün rasch zu beenden. Fraktionschef Mike Mohring gibt der neuen Regierung angesichts von Ramelows Scheitern im ersten Wahlgang keine fünf Jahre. So lange läuft die Legislaturperiode.