IS-Terror Razzia: Fünf Top-Islamisten festgenommen

Nach monatelangen Ermittlungen wurden am Dienstagmorgen insgesamt fünf IS-Verdächtige festgenommen, zwei von ihnen in Duisburg und Dortmund. Darunter auch der einflussreiche Iraker Abu Walaa, der einen Wohnsitz in Tönisvorst hat.

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Tönisvorst. Schlag gegen Top-Islamisten: Die Sicherheitsbehörden haben bei Einsätzen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen einen der mutmaßlich wichtigsten Unterstützer der Terrormiliz IS in Deutschland festgenommen. Der 32 Jahre alte Iraker Abu Walaa gilt als prägende Figur der bundesweit einflussreichen Islamisten-Szene in Hildesheim. Er hat einen Wohnsitz in einem Haus an der Gelderner in Tönisvorst und wurde nach Angaben des NRW-Innenministeriums in Niedersachsen festgenommen.

Nach monatelangen Ermittlungen wurden am Dienstagmorgen insgesamt fünf IS-Verdächtige festgenommen, zwei von ihnen in Duisburg und Dortmund. Die Männer ausländischer Herkunft sollen nach Angaben der Bundesanwaltschaft Freiwillige für den Islamischen Staat (IS) rekrutiert haben. Hinweise auf Anschlagspläne in Deutschland gibt es demnach nicht.

„Hier ist ein Schlag gelungen gegen die Chefideologen der salafistischen Szene in Deutschland“, sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) in Düsseldorf. Zuletzt hätten die Ermittler von einem Syrien-Rückkehrer detaillierte Hinweise erhalten, die zu den Festnahmen geführt haben. Er habe erklärt, „wie das Netzwerk funktioniert“. Der Mann habe sich selbst zur Ausreise nach Syrien bewegen lassen.

Zuletzt hatten Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) das unscheinbare Haus von Abu Walaa in Tönisvorst im vergangenen August durchsucht, ihn aber nicht angetroffen. Der Iraker ist unter dieser Adresse schon seit Jahren gemeldet, sein bürgerlicher Name Ahmad Abdulaziz Abdullah A. steht auf der Klingel. In dem Haus wohnt nach Informationen unserer Zeitung nicht nur der Hass-Prediger, sondern auch seine Familie mit drei Kindern. Die Frau fällt den Anwohnern schon deswegen auf, weil sie eine Ganzkörper-Verschleierung trägt — im beschaulichen Tönisvorst nicht gerade selbstverständlich.

Abu Walaa trägt arabische Gewänder, einen langen dunklen Bart und bedeckt sein Haar mit einer Art Turban. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hat er mindestens zwei Ehefrauen und mehrere Kinder. Über seine genaue Herkunft ist nichts bekannt.

Bei der Produktion seiner Videos, die er über soziale Netzwerke wie Youtube verbreitet, achtet der Prediger darauf, dass man sein Gesicht nicht sehen kann. Er lässt sich bei seinen „Belehrungen“ mit erhobenem Zeigefinger von hinten filmen, von der Seite, oder er zeigt nur seinen Oberkörper.

In seinen Video-Botschaften, die er gerne mit Koran-Rezitationen in geschliffenem Arabisch einleitet, hetzt er gegen sogenannte Ungläubige. Immer wieder zieht er auch über andere Salafisten-Prediger her. Zu seinen Lieblingsopfern gehörte zuletzt der Deutsche Pierre Vogel, der sich vom IS distanziert hatte.

Neben dem 32-jährigen irakischen Staatsangehörigen Ahmad Abdulaziz Abdullah A. (Szenename Abu Walaa) ist der 50-jährige Türke Hasan C. aus Duisburg unter den Festgenommenen. Er betreibt dort ein Reisebüro und hat nach Angaben von NRW-Verfassungsschutz-Chef Burkhard Freier Kontakt zu den Jugendlichen gehabt, die im April einen Anschlag auf ein Gebetshaus der Sikh in Essen verübt haben sollen. „Er gehört zu den Radikalisierern“, sagte Freier.

Der NRW-Verfassungsschutz habe derzeit etwa 25 von diesen Radikalisierern im Blick. „Die jetzt Festgenommenen gehören zu denjenigen, die ganz federführend waren“, sagte Freier weiter. Sie würden Jugendliche in sogenannten Islamseminaren „sprachlich und ideologisch“ auf die Ausreise nach Syrien vorbereiten. Bereits im August hatte es in NRW eine Razzia bei mutmaßlichen Unterstützern der Terrororganisation Islamischer Staat gegeben, darunter auch in Tönisvorst und Duisburg.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wertete die Verhaftungen als „wichtigen Erfolg“. Diese gute Nachricht zeige, dass die Sicherheitsbehörden „aktiv, entschlossen und wachsam sind“, sagt er in Berlin.

Die Bundesanwaltschaft habe seit Herbst 2015 gegen den Iraker und mutmaßliche Helfer ermittelt. Sie sollen vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen junge Muslime für den sogenannten „Heiligen Krieg“, den Dschihad, angeworben und bei der Ausreise logistisch und finanziell unterstützt haben. Abu Walaa sei es vorbehalten gewesen, Ausreisen zu billigen und zu organisieren, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Das Netzwerk habe nachweislich einen jungen Mann samt seiner Familie zum IS nach Syrien geschleust.