Top-Islamist gefasst Netzwerk von IS-Anwerbern zerschlagen
Berlin (dpa) - Schlag gegen Top-Islamisten: Die Sicherheitsbehörden haben in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fünf mutmaßliche Unterstützer der Terrormiliz IS in Deutschland festgenommen.
Unter ihnen ist auch der 32 Jahre alte Iraker Abu Walaa, der als prägende Figur der bundesweit einflussreichen Islamisten-Szene in Hildesheim gilt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wertete die Verhaftungen als „wichtigen Erfolg“. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach von einem wichtigen „Schlag gegen die Chefideologen der salafistischen Szene in Deutschland“.
Die fünf Männer wurden nach monatelangen Ermittlungen am Morgen in Dortmund, Duisburg und an nicht genannten Orten in Niedersachsen verhaftet. Sie sollen nach Angaben der Bundesanwaltschaft Freiwillige für den Islamischen Staat (IS) rekrutiert haben. Hinweise auf Anschlagspläne in Deutschland gibt es demnach nicht. Über den Einsatz der Sicherheitsbehörden hatten zuerst NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Zwei der fünf Männer wurden noch in Untersuchungshaft genommen, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Die drei anderen IS-Verdächtigen, darunter Abu Walaa, sollten am Mittwoch dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden. Die Haftbefehle waren bereits am 26. Oktober ausgestellt worden.
Laut Bundesanwaltschaft handelt es sich bei den Männern neben dem 32-jährigen irakischen Staatsangehörigen Ahmad Abdulaziz Abdullah A. (Szenename Abu Walaa) um den 50-jährigen Türken Hasan C., den 36-jährigen deutschen und serbischen Staatsangehörigen Boban S., den 27-jährigen deutschen Staatsangehörigen Mahmoud O. und den den 26-jährigen Ahmed F. Y. aus Kamerun.
Abu Walaa war demnach die zentrale Figur des Netzwerks. Er bekenne sich offen zum IS und sei bei zahlreichen salafistischen Veranstaltungen als Redner aufgetreten. Er predigte auch in der Moschee des „Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim“ (DIK). Ihm sei es vorbehalten gewesen, Ausreisen zu billigen und zu organisieren, teilte die Bundesanwaltschaft mit.
Das Netzwerk habe nachweislich einen jungen Mann samt seiner Familie zum IS nach Syrien geschleust. Hasan C. betreibt nach Angaben des Düsseldorfer Innenministeriums ein Reisebüro in Duisburg. Er habe darüber hinaus Kontakt zu den Jugendlichen gehabt, die im April den Anschlag auf einen Sikh-Tempel in Essen verübt haben sollen, sagte NRW-Verfassungsschutz-Chef Burkhard Freier.
Die Anti-Terror-Aktion geht auf die Aussage eines Syrien-Rückkehrers zurück. „Der Hinweisgeber hat erklärt, wie das Netzwerk funktioniert“, sagte NRW-Innenminister Jäger. Er habe sich selbst zur Ausreise nach Syrien bewegen lassen.
Bevor er Ende September nach Deutschland zurückkehrte, hatte der Mann NDR, WDR und „SZ“ in der Türkei ein Interview gegeben, in dem er Abu Walaa schwer belastet und als „die Nummer 1 des IS in Deutschland“ bezeichnet habe, berichteten die Medien.
Die Bundesanwaltschaft hatte schon seit Herbst 2015 gegen den Iraker und mutmaßliche Helfer ermittelt. An den Ermittlungen war auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) maßgeblich beteiligt. Bundesinnenminister de Maizière sieht die Festnahmen als Beleg, dass die Sicherheitsbehörden „aktiv, entschlossen und wachsam sind“, sagte er in Berlin. Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Bereits Ende Juli hatte die Polizei mit rund 400 Beamten die DIK-Moschee sowie acht Privatwohnungen von Vorstandsmitgliedern des Vereins in Hildesheim durchsucht. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete die Moschee damals als „bundesweiten Hot-Spot der radikalen Salafistenszene“. Die Sicherheitsbehörden hatten schon länger beobachtet, dass es im zeitlichen Umfeld zu Islamseminaren des Predigers in der Moschee zu Ausreisen nach Syrien gekommen war.
In Hildesheim durchsuchten Polizisten am Morgen eine Wohnung. Außerdem waren die Beamten in der DIK-Moschee im Einsatz.