Rechnungshof sieht viel Sparpotenzial

OBerlin (dpa) - Der Bundesrechnungshof hat die schwarz-gelbe Koalition zu größeren Sparanstrengungen und einem schnelleren Defizitabbau aufgefordert.

Angesichts der Risiken durch die Euro-Schuldenkrise sollte die Bundesregierung zudem mehr finanzielle Vorsorge treffen, mahnte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels am Dienstag in Berlin bei Vorlage des Jahresberichts.

Darin machen die Rechnungsprüfer zahlreiche Einsparvorschläge. Allein durch den Verzicht auf unsinnige Projekte, strengere Steuerprüfungen und weniger nachlässige Kontrollen bei der Verwendung von Mitteln in den Ländern seien Einnahmen von bis zu 1,5 Milliarden Euro möglich. Insgesamt seien die Einsparmöglichkeiten unabhängig von den aktuellen Empfehlungen um das Sechs- bis Siebenfache höher. Union und FDP fühlen sich in ihrem Kurs bestätigt, aus Sicht der SPD aber wird der Koalition erneut ein schlechtes Zeugnis ausgestellt.

Die Rechnungsprüfer stützen den von Schwarz-Gelb angestrebten Schuldenabbau. „Für die Rückführung stehen die Chancen derzeit noch gut“, sagte Engels. Die noch günstigen Bedingungen sollten aber genutzt werden, um den Defizitabbau stärker voranzutreiben. Engels: „Wir sind der Meinung, dass durchaus die Neuverschuldung hätte auch in diesem Jahr schon ein Stück mehr zurückgefahren werden können.“

Die 2013 geplante Kreditaufnahme von 17,1 Milliarden Euro wollte Engels nicht allzu sehr kritisieren: „Wir hätten es aber schöner gefunden angesichts (...) der Möglichkeiten, auch wirklich zu sparen, wenn die Neuverschuldung schon im nächsten Jahr deutlich reduziert worden wäre.“ So wäre mindestens eine „schwarze Null“ 2014 möglich.

Die aktuellen Pläne zur Rückführung der Neuverschuldung setzen laut Engels voraus, dass die Konjunktur stabil bleibt, die Steuereinnahmen weiter steigen, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Zinsen nicht anziehen. Sollten sich diese Annahmen nicht erfüllen, wären die Pläne gefährdet. Weitere Risiken resultierten aus den Maßnahmen zur Stabilisierung des Euro. Zudem seien die Beschlüsse der Regierungskoalition noch nicht gänzlich finanziert.

Die Koalition sollte das 2010 beschlossene Milliarden-Sparpaket umsetzen. Jeder Haushaltstitel sollte auf Zweck und Umfang geprüft werden. Der Rechnungshof macht eine Reihe von Vorschlägen. So sollten unsinnige Projekte eingestellt oder überdacht werden. Dies betreffe etwa die erfolglose Suche nach einem Luftkissenboot oder die eigene Medikamenten- und Kosmetika-Produktion der Bundeswehr.

Auch mahnen die Rechnungsprüfer eine konsequentere Steuerprüfung an. Hier seien zusammen mit einem besseren Umgang mit IT-Technik beim Mehreinnahmen im „dreistelligen Millionenbereich“ möglich. Die Lohnsteuer-Außenprüfungen etwa seien rückläufig. Zwischen 2005 und 2010 seien die Einnahmen von 911 auf 787 Millionen Euro gesunken.

Zudem gebe es zwischen Ländern erhebliche Unterschiede, was den Anteil der geprüften Firmen und die Steuermehreinnahmen je Kontrolle betreffe. „Wir wissen ziemlich genau, wer seine Prüferzahlen gerne zurückdreht“, sagte Engels. Aber er wolle kein Land an den Pranger stellen. Hintergrund ist, dass gerade „reiche“ Länder wegen der Abführungen an den Länderfinanzausgleich kein Interesse an zusätzlichen Steuereinnahmen und -Prüfern haben.

Union und FDP wollen 2013 die Schuldenbremse einhalten. 2014 soll zumindest ein strukturell ausgeglichener Bundesetat vorliegen. Das tatsächliche Defizit soll 2016 auf null reduziert werden. Beim Strukturdefizit werden Einmal- und Konjunktureffekte ausgeklammert.

Nach Einschätzung von SPD-Fraktionsvize Joachim Poß rügt der Rechnungshof, dass die Regierung weit hinter den Möglichkeiten bleibe. Statt intelligent zu sparen, beschließe sie sinnlose Ausgaben. Unions-Haushaltsexperte Norbert Barthle (CDU) sprach von „Unterstützung der Koalition beim Abbau der Neuverschuldung“. Er hoffe, dass auch die Opposition die Bemerkungen lese, da sie hohe Ausgabenwünsche ohne oder mit nur windiger Finanzierung gehabt habe. Claudia Winterstein von der FDP sprach von „wertvollen Anregungen“.