Regierung warnt nach Bonner Bombenalarm vor Überreaktionen
Bonn/Köln (dpa) - Nach dem Fund eines Sprengsatzes im Bonner Hauptbahnhof warnt die Bundesregierung vor Überreaktionen. Es gebe keine Hinweise auf eine besondere Terrorgefahr etwa auf Weihnachtsmärkten, betonte das Innenministerium am Donnerstag in Berlin.
Die beiden Tatverdächtigen aus dem Bonner Hauptbahnhof waren auch drei Tage nach dem Bombenalarm noch nicht gefasst. Die Ermittler gehen von einem versuchten Anschlag aus - ob aber Terroristen dahinterstecken, wissen sie noch nicht.
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), vermutet durchaus einen terroristischen Hintergrund. Er kann deshalb nicht verstehen, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen noch nicht an sich gezogen hat. Bosbach verwies im Fernsehsender N24 auf die Gefährlichkeit des Sprengsatzes und fragte: „Welches andere Motiv kann es denn gewesen sein, als durch einen terroristischen Anschlag das Land in Angst und Schrecken zu versetzen?“
Das Bundeskriminalamt (BKA) warnte indes vor voreiligen Schlüssen. Das Bundesinnenministerium teilte mit, Hinweise auf die Gefährdung konkreter Ziele lägen nicht vor: „Das gilt auch für Weihnachtsmärkte. Deshalb sollten wir - bei aller Wachsamkeit - unser alltägliches Leben nicht beeinträchtigen lassen.“ Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) appellierte an die Bürger, sich nicht einschüchtern zu lassen. „Wir müssen wachsam bleiben, aber nicht furchtsam“, sagte er dem Bonner „General-Anzeiger“.
Nun öffentliche Plätze, Weihnachtsmärkte oder Fußballspiele zu meiden, wäre genau das Falsche, betonte Jäger. Denn falls der gefährliche Sprengsatz tatsächlich von Terroristen abgestellt worden sein sollte, beabsichtigten diese gerade das.
Unterdessen fahndet die Polizei mit mehreren hundert Beamten weiter nach zwei Verdächtigen. Der eine ist ein hellhäutiger Mann, der auf dem Video einer McDonald's-Filiale am Bahnsteig von Gleis 1 im Bonner Hauptbahnhof zu sehen ist. Auf den Kamerabildern vom Montagmittag trägt er nach Vermutung der Polizei die blaue Tasche, in der sich die Bombe befand. Die Polizei bezeichnet die Videoaufnahme als „heiße Spur“. Der zweite gesuchte Mann ist dunkelhäutig und groß. Er soll die blaue Tasche wenig später zwei Jugendlichen direkt vor die Füße gestellt haben und weggelaufen sein. Wie man das interpretieren muss, weiß die Polizei auch noch nicht.
Zu den Verdächtigen bekamen die Ermittler seit Mittwochabend neue Hinweise aus der Bevölkerung. „Wir werten das derzeit aus“, sagte Polizeisprecher Thomas Held. Videobilder vom Bahnsteig selbst gebe es nicht. Ein Bahnsprecher sagte, es gebe dort zwar eine Videokamera, aber keine aufgezeichneten Bilder.
Der Fraktionsvize der CDU/CSU im Bundestag, Günter Krings, forderte: „Wir brauchen einen konsequenteren Einsatz von Videokameras auf Bahnhöfen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass auf einem Hauptbahnhof einer Großstadt wie Bonn die Polizei auf Videosequenzen von McDonald's zurückgreifen muss, um eine Aufnahme des Täters zu erhalten.“