MDR Bericht "Reichsbürger" bedrohen Merkel und Gauck
Leipzig. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck sind nach Recherchen von MDR-exakt ins Visier sogenannter Reichsbürger geraten. Ein Regierungssprecher bestätigte zahlreiche Zuschriften von Reichsbürgern an die Kanzlerin.
Darüber hinaus sind laut Bundesjustizministerium sowohl Merkel als auch Gauck bereits mit der sogenannten Malta-Masche bedroht worden. Reichsbürger haben beide Politiker demnach ins UCC-Schuldenregister in Washington eingetragen, um in weiteren Schritten zu versuchen, angebliche Forderungen durchzusetzen.
Seit Monaten setzen die sogenannten Reichsdeutschen mit dieser Methode deutschlandweit Richter, Justizangestellte und Gerichtsvollzieher unter Druck. Wie viele Deutsche dabei bislang als vermeintliche Schuldner ins Register eingetragen worden sind, dazu kann das Auswärtige Amt keine Angaben machen.
Die Malta-Masche funktioniert immer nach ähnlichem Schema: Zuerst melden sich Reichsbürger im UCC-Register in den USA an. Dann tragen sie vermeintliche Forderungen, oft in Millionenhöhe, gegenüber angeblichen Schuldnern in das Register ein. Diese Forderungen werden dann an Inkassounternehmen auf Malta abgetreten, die damit vollstreckbare Titel vor maltesischen Gerichten erwirken. Die Betroffenen aus Deutschland müssen dann persönlich vor Gericht auf Malta erscheinen, um sich dagegen zur Wehr zu setzen. Tun sie das nicht, droht ihnen im schlimmsten Fall in Deutschland die Vollstreckung. Die Einträge im UCC-Register für die Bundeskanzlerin und den Bundespräsidenten wurden neben anderen laut Justizministerium auf Betreiben der Bundesregierung bereits wieder gelöscht.
Neben der Malta-Masche sind die sogenannten Reichsbürger gezielt dazu übergegangen, Behördenmitarbeiter zu drangsalieren und Justizverfahren zu behindern. Immer wieder tauchen im Internet illegale Aufnahmen von Gerichtsverfahren auf, mit denen Richter unter Druck gesetzt werden. Die Thüringer Justiz fordert ein Einschreiten der Politik. „Es müsste in Zukunft unter Strafe gestellt werden, wenn unzulässiger Weise Aufnahmen im Gerichtssaal bei einer öffentlichen Sitzung gefertigt und ins Internet gestellt werden“, sagte die Vorsitzende des Arbeitskreises Reichsbürger am Oberlandesgericht Jena, Silke Hollandmoritz, MDR-exakt. Das sei derzeit noch nicht strafbar. Außerdem müssten die Möglichkeiten für die Dienstvorgesetzten, zum Beispiel bei Verletzung persönlicher Rechte wie Bildrechte, erweitert werden, um Strafantrag und Strafanzeige stellen zu können. Zudem fordert Hollandmoritz eine personelle Aufstockung der Mitarbeiter der Justiz sowie beim Wachpersonal in Gerichten. „Das Phänomen Reichsbürger bindet sehr viel Arbeitskraft.“
Mehr dazu im MDR-Magazin „exakt“, 13.07.2016 ab 20.15 Uhr im MDR FERNSEHEN und unter www.mdr.de/exakt. ots