Reichstag zeigt in schweren Zeiten Flagge für Europa

Auf dem Südostturm des Gebäudes weht neuerdings nicht mehr nur Schwarz-Rot-Gold allein.

Berlin. Die Europäische Union hat es derzeit wirklich nicht einfach: Sie steckt mitten in der Euro-Krise. Dänemark schert sich nicht mehr um das Schengen-Abkommen und verkündet die Renaissance des Schlagbaums. Und bei vielen Bürgern haben die EU-Politiker spätestens seit dem Todesurteil für die Glühbirne sowieso keinen guten Stand mehr. Da tut ein bisschen Unterstützung gut, und die kommt nun vom Reichstag.

Der zeigt nämlich Flagge für Europa. Auf dem Gebäude weht neuerdings ständig eine blaue Europafahne: ein starkes politisches Bekenntnis in diesen EU-kritischen Zeiten.

Ein wenig irritiert das neue Azurblau schon. Bisher waren Abgeordnete und Besucher des Bundestags nämlich ausschließlich Schwarz-Rot-Gold gewöhnt. Nun flattert weit sichtbar die blaue Fahne mit den zwölf goldenen Sternen auf dem Südostturm des Gebäudes.

Vorgenommen wurde der von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) angeordnete Flaggenwechsel ohne Feierlichkeiten und zunächst weitgehend unbemerkt. Der Bundestagspräsident wollte sich selbst nicht näher zu den Gründen für die Entscheidung äußern. Ein Sprecher betonte bloß, dass man mit dem Hissen der Europafahne ohnehin der gängigen „Beflaggungspraxis“ folge.

Die Abgeordneten wurden nicht befragt. Bei den Parlamentariern scheint der Vorstoß dennoch überwiegend auf Zuspruch zu stoßen — insbesondere bei den Sozialdemokraten. Die SPD hat direkt unter dem Südostturm ihre Fraktionsräume. Der Kreis der goldenen Sterne auf der EU-Fahne stehe immerhin für Solidarität und Harmonie, sagte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Auf die wartet die EU allerdings derzeit noch.