Streit um Anti-Terror-Gesetze verschärft sich

Berlin (dpa) - Der schwarz-gelbe Koalitionsstreit um die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze verschärft sich. Ein Treffen von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Dienstagabend in Berlin brachte nach dpa-Informationen keine Fortschritte.

Im Gegenteil, vielmehr vertieften sich die Gräben zwischen Union und FDP. Die FDP-Seite legte eine Reihe von neuen Bedingungen für die Verlängerung der Gesetze auf den Tisch. Die Unionsseite reagierte verärgert, will die Vorschläge aber prüfen.

Die Anti-Terror-Gesetze erlauben Geheimdiensten, Auskünfte beispielsweise bei Banken, Fluglinien und Telekommunikationsfirmen einzuholen. Unter der rot-grünen Regierung waren die Gesetze nach den Terroranschlägen von 2001 beschlossen worden. Sie laufen Anfang 2012 aus, wenn der Gesetzgeber sie nicht verlängert oder ganz entfristet. Deshalb drückt die Union aufs Tempo. Sie will das Thema noch vor der Sommerpause ins Kabinett bringen. Einen neuen Verhandlungstermin zwischen Union und FDP gibt es aber noch nicht.

Die FDP fordert, die Gesetze - wenn überhaupt - um maximal vier Jahre zu verlängern. Bestimmte Auskunftsbefugnisse will sie aber ganz auslaufen lassen. So sollen die Nachrichtendienste künftig keine Auskünfte von Flugunternehmen und Finanzinstituten mehr einholen dürfen. Zudem stellten die Liberalen die Bedingung, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) aufzulösen. Die Aufgaben des MAD sollen künftig vom Verfassungsschutz übernommen werden.

Bei einer Verlängerung einzelner Befugnisse will die FDP erreichen, dass für künftige Bewertungen der Gesetze Standards festgelegt werden. Der Bundestag soll externe Sachverständige benennen - auch der Innenausschuss des Bundestages und das Parlamentarische Kontrollgremium müsse beteiligt werden. Bei einer Befristung auf vier Jahre soll es nach Vorstellung der Liberalen eine Zwischenbilanz schon nach zwei Jahre geben.

Trotz dieses Forderungskataloges zeigte sich der Sprecher von Friedrich, Jens Teschke, weiter zuversichtlich, vor der Sommerpause zu einer Einigung zu kommen. Der Sprecher der Justizministerin, Anders Mertzlufft, sagte hingegen, der Zeitplan sei nicht entscheidend, sondern dass es Verhandlungsergebnisse gebe, die beide Ressorts vertreten könnten. FDP-Generalsekretär Christian Lindner bezeichnete den Vorschlag der FDP als fair. „Von unserem Koalitionspartner erwarten wir, dass er sich jetzt ernsthaft mit unseren Vorschlägen befasst“, erklärte Lindner.

Der Koalitionsstreit um die Anti-Terror-Gesetze wird neben der aktuellen Sicherheitslage auch Thema eines außerplanmäßigen Treffens der Innenminister von Bund und Ländern an diesem Freitag in Berlin sein. Ende April waren in Nordrhein-Westfalen drei mutmaßliche Islamisten festgenommen worden. Im März hatte ein junger Islamist zwei US-Soldaten am Flughafen Frankfurt erschossen. Es war das erste vollendete Terror-Attentat eines Islamisten auf deutschem Boden. Befürworter der Gesetze argumentieren, dass die Auskunftsbefugnisse auch bei den Ermittlungen in Nordrhein-Westfalen eine Rolle spielten.

Unterdessen warf die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) der Justizministerin vor, Wahlkampf auf Kosten der Sicherheit zu machen. Die Koalition müsse sich jetzt zu „sachgerechten Entscheidungen“ durchringen. „Und wenn die FDP das partout nicht will, soll sie die Koalition beenden, dann muss die CDU sich andere Partner suchen“, sagte DPolG-Chef Rainer Wendt „Handelsblatt Online“. Die SPD hatte bereits mehrfach erklärt, grundsätzlich eine Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze mittragen zu wollen.