Rösler will billigeren Ökostrom - Röttgen unter Druck
Der Wirtschaftsminister fürchtet, dass erneuerbare Energien für die Verbraucher zu teuer werden. Er will ein neues Fördersystem, doch Umweltminister Röttgen winkt ab.
Berlin. Es kommt selten vor, dass ein Bundesminister ein 16 Tage altes Gesetz schon wieder infrage stellt. Seit Wochen macht Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) seinem Kollegen aus dem Umweltressort, Norbert Röttgen (CDU), immer wieder Vorschläge, wie eine angebliche Kostenexplosion durch die Ökoenergie-Förderung verhindert werden könnte. Nun fordert er eine komplette Kehrtwende.
Die Förderung in ihrer jetzigen Form habe sich überlebt, lässt Rösler via „Handelsblatt“ wissen. „Das sprengt auf Dauer das System.“ Rösler will wegkommen von den festen, über den Marktpreisen liegenden Ökoenergie-Vergütungen. Gestern folgte prompt die Abfuhr Röttgens. „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat sich bewährt“, sagt seine Sprecherin. Erst seit Jahresbeginn gilt das reformierte EEG, das auch festlegt, wieviel Geld für welche Art von Ökostrom gezahlt wird. Bezahlt wird es von jedem Kunden über die Stromrechnung.
Rösler will mehr Wettbewerb und eine Debatte darüber, ob statt EEG ein Quotenmodell sinnvoll sein könnte. Dabei handelt ein Wind- oder Solarpark mit Netzbetreibern und Stromhändlern die Abnahme des Stroms aus. Zusätzlich zum Marktpreis erhalten sie für jede Kilowattstunde Ökostrom ein Zertifikat, das sie an Energieversorger verkaufen, die eine bestimmte Ökostromquote erfüllen müssen. Die Einnahmen sind also abhängig vom Zertifikatpreis.
Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts führen Quotensysteme allerdings nicht zu weniger Kosten bei der Ökoenergieförderung. Verantwortlich dafür sei der von Investoren veranschlagte Risikozuschlag bei Investitionen in Märkte mit Quotenmodellen. Denn das Preisrisiko für grüne Zertifikate wäre groß. Wenn es zu viel Ökostrom gibt, käme es zu einem Preisverfall.
In der Ökoenergie-Branche ist man genervt, dass die Regierung immer weitere Nebenkriegsschauplätze eröffnet. „Es ist nicht hilfreich, wenn der Bundeswirtschaftsminister ständig aufs Neue die Energiewende torpediert“, sagt Dietmar Schütz, Präsident des Bundeverbands Erneuerbare Energien. Schütz betont, in Europa hätten derzeit 20 Staaten Einspeisesysteme mit festen Vergütungssätzen ähnlich dem EEG.
Röttgen gerät unter Druck, gerade durch die hohen Belastungen infolge des Booms im Solarbereich. Denn pro 1000 Megawatt neu installierter Leistung (2011: 7500 Megawatt) fallen für die Bürger Gesamtkosten von rund zwei Milliarden Euro an. Der Solaranteil an der Stromerzeugung ist dagegen mit drei Prozent eher mau. Die Regierung hat bereits vereinbart, dass mehr Ökostrom von Anlagenbetreibern direkt vermarktet und so dem EEG-System entzogen werden soll.