Rot-Schwarz versucht es in Berlin noch einmal
Zwei Monate nach der Wahl steht die Koalition. Die CDU gibt sich frei von Ideologie.
Berlin. Es war ein Versprecher, der das Neue und ursprünglich nicht Gewollte noch einmal offenbarte. „Das Werk ist vollbracht“, hob Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Mittwoch an. „Der Koalitionsvertrag zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Christlich-Sozialen Union . . .“ Der Rest ging im Gelächter der Journalisten und seines Koalitionspartners, Frank Henkel unter.
Der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende nahm die Verwechslung mit der Schwesterpartei CSU mit Humor. „Wie der Regierende Bürgermeister schon gesagt hat, wir müssen uns noch aneinander gewöhnen.“
Für Wowereit und die Berliner Sozialdemokraten fühlt es sich in der Tat noch ungewohnt an, künftig mit der konservativen CDU und nicht mehr mit den Linken zu regieren. Erleichtert wird dies jedoch sichtbar durch die Chemie, die zwischen den beiden Frontmännern stimmt.
Vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September war die CDU für die SPD eine theoretische Option. Damit konnte man den Wunschpartner Grüne unter Druck setzen.
Doch dann zerplatzte der rot-grüne Regierungstraum an einem 3,2 Kilometer langen Autobahnteilstück. Danach zerlegten sich die Grünen in einem fraktionsinternen Machtkampf zwischen dem Linken- und dem Realo-Flügel, der an ihrer Regierungsfähigkeit zweifeln lässt.
Viele Sozis hatten nach dem Scheitern von Rot-Grün arge Bauchschmerzen. Zu tief sitzt noch die fast traumatische Erfahrung mit der CDU, als die SPD als kleinerer Partner in den 1990er Jahren auf zuletzt gut 22 Prozent zusammengeschmolzen war.
Doch nun muss sich die CDU wappnen, als Juniorpartner diese Erfahrung zu machen. Die Linke halbierte sich in den zehn Jahren ihrer Regierungsbeteiligung von 22,6 Prozent in 2001 auf 11,7 Prozent in 2011. Und der Koalitionsvertrag trägt deutlich mehr SPD- als CDU-Handschrift. Hier agierten die Christdemokraten im Vergleich zur harschen Kritik an Rot-Rot sehr pragmatisch.