Rüttgers hat nur „rudimentäre Erinnerungen“ an Asse
Hannover (dpa) - Der ehemalige Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) kann sich nur noch rudimentär daran erinnern, was in seiner Amtszeit im maroden Atommülllager Asse passiert ist.
„Die Vorgänge sind zwischen 12 und 16 Jahren her“, sagte Rüttgers am Donnerstag als Zeuge im Asse-Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags in Hannover.
Insgesamt sei er nur drei Mal mit Vorgängen aus der Asse befasst gewesen, sagte Rüttgers. Er konnte sich auch nicht daran erinnern, ob er bei seinem Amtsantritt 1994 über die Existenz der 126 000 Fässer in der maroden Schachtanlage informiert wurde. „Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass ich heute hier als Zeuge geladen bin und nicht als Beschuldigter“, sagte Rüttgers. Der CDU-Politiker war von November 1994 bis Oktober 1998 als Bundesforschungsminister mit dem Atommülllager befasst.
Bereits im Vorfeld der Vernehmung von Rüttgers hatten sich die Mitglieder des Asse-Ausschusses im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung einstimmig darauf geeinigt, das Bundeskanzleramt in Berlin auf die Herausgabe von Akten zur Asse zu verklagen. Das Kanzleramt verweigert die Vorlage von Akten seit einem Jahr.
„Die Bundesregierung respektiert das Untersuchungsrecht des niedersächsischen Asse-Untersuchungsausschusses“, sagte ein Sprecher des Bundeskanzleramtes der dpa dazu. Jedoch sei zu beachten, dass ein Landes-Untersuchungsausschuss nur Vorgänge in Landeszuständigkeit überprüfen könne. „Es widerspricht der Gewaltenteilung des Grundgesetzes, wenn ein Landes-Untersuchungsausschuss beabsichtigt, die Bundesregierung zu kontrollieren.“
Dies sei allein Aufgabe des Deutschen Bundestags. Das Bundeskanzleramt habe die Akten herausgegeben, soweit das nach der Verfassung und den geltenden Regeln vorgesehen sei. „Wir gehen davon aus, dass das auch vom Gericht so bestätigt wird.“
Der Asse-Ausschuss versucht seit mehr als einem Jahr, Versäumnisse und Schlampereien rund um das einsturzgefährdete alte Salzbergwerk in Wolfenbüttel aufzuklären. In der Schachtanlage lagern 126 000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll. Der Ausschuss hatte zuletzt im August Akten zum Atommülllager Asse angefordert. Trotz mehrfacher Aufforderung hat das Kanzleramt aber bisher nur einen kleinen Aktenbestand übermittelt.
Indessen ist im Umfeld des Atommülllagers Asse die Zahl der Blutkrebs-Erkrankungen massiv gestiegen. Zwischen 2002 und 2009 wurden in der Samtgemeinde Asse 18 Fälle von Leukämie festgestellt. Dies geht aus einem Vermerk des niedersächsischen Sozialministeriums hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. „Betrachtet man die Leukämie-Neuerkrankungen in der Samtgemeinde Asse, würde man einen Fall pro Jahr erwarten“, heißt es weiter. Das wären im gesamten Zeitraum acht.
Derzeit werden die Fälle noch überprüft - bis Mitte Dezember soll ein Bericht vorliegen. „Eine Ursache dafür kann bisher nicht festgestellt werden“, heißt es in dem Schreiben.