Sachsen-Anhalt: Schwarz-Rot will weiterregieren
Magdeburg (dpa) - Sachsen-Anhalt setzt auf politische Kontinuität: Trotz Verlusten hat die CDU die Landtagswahl am Sonntag gewonnen und kann ihre vor fünf Jahren begonnene Regierung mit der SPD fortsetzen.
Ein rechnerisch mögliches rot-rotes Bündnis schloss die SPD noch am Wahlabend aus, weil die Linke stärker ist. Die Sozialdemokraten wollen nicht bundesweit erstmals einem Regierungschef der Linken ins Amt verhelfen und sich mit der Rolle des Juniorpartners begnügen.
Die Grünen feierten - auch infolge der neuen Atomdebatte - mit ihrem bislang besten Ergebnis in Sachsen-Anhalt nach 13 Jahren die Rückkehr in den Landtag. Die FDP flog mit einem ihrer schlechtesten Resultate raus. Die rechtsextreme NPD scheiterte knapp an der Fünf-Prozent-Hürde.
Gebannt schauen vor allem Union und FDP jetzt auf die Doppelwahl in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am kommenden Sonntag. Ein Scheitern im Südwesten könnte auch erhebliche bundespolitische Auswirkungen haben.
Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kam die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Reiner Haseloff auf 32,5 Prozent und verlor damit 3,7 Punkte im Vergleich zu 2006 (36,2). Die Linke mit Fraktionschef Wulf Gallert an der Spitze wurde mit 23,6 Prozent (2006: 24,1) zweitstärkste Kraft. Die SPD mit Jens Bullerjahn blieb mit 21,5 Prozent (2006: 21,4) konstant. Die Grünen verdoppelten ihr Ergebnis fast und kehrten mit 7,1 Prozent (2006: 3,6) in den Landtag zurück. Keine Chancen hatte die FDP mit 3,8 Prozent (2006: 6,7). Die NPD kam mit 4,6 Prozent ebenfalls nicht über die Fünf-Prozent-Hürde.
Im neuen Landtag stellt die CDU 41 Abgeordnete (bisher: 39). Die SPD kommt auf 26 Sitze (bisher: 24), die Linke auf 29 (bisher: 25) und die Grünen auf 9 Mandate (bisher: 0). Die Wahlbeteiligung, die zuletzt mit 44,4 Prozent einen bundesweit historischen Tiefstand erreicht hatte, lag dieses Mal bei 51,2 Prozent.
Die SPD hatte sich Rot-Rot vor der Wahl nur unter ihrer Führung als Option offengehalten. Spitzenkandidat Bullerjahn bekräftigt am Wahlabend, dass seine Partei nicht die Juniorrolle in einem rot-roten Bündnis übernehmen wolle: „Wir werden keine Koalition mit einem linken Ministerpräsidenten machen, das gilt nach wie vor.“ Linken-Spitzenkandidat Gallert bot der SPD gleichwohl Gespräche über eine Koalition an. „Es gibt in diesem Landtag eine klare linke Mehrheit“, sagte er. Seine Partei müsse aber den Regierungschef stellen.
CDU-Spitzenkandidat Haseloff kündigte Gespräche so schnell wie möglich mit der SPD an. Die Koalition sei erfolgreich gewesen, sagte er. „Die Menschen wollen eine Fortsetzung dieser guten Arbeit.“
Für die Linke erhob Bundeschef Klaus Ernst den Anspruch auf die Regierungsbildung in Magdeburg. „Die SPD muss sich entscheiden, ob sie ihr Programm ernst nimmt“, sagte er im ZDF. „Das geht nur mit der Linken.“ SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles machte jedoch klar: „Wir werden keinen Ministerpräsidenten der Linken wählen.“ FDP-Chef Guido Westerwelle räumte ein, die Wahl sei für die FDP „gründlich danebengegangen“. Erstmals seit September 2006 verlor die FDP bei einer Wahl wieder Stimmen.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier wertete das SPD-Ergebnis als Ermutigung für die Wahl im Südwesten am kommenden Sonntag: „SPD und Grüne haben in Baden-Württemberg eine echte Chance, die Regierung abzulösen.“ Auch Grünen-Chefin Claudia Roth verspürte Rückenwind für die nächsten Wahlen. „Frau Merkel und Herr Westerwelle haben mit ihrem Zickzack-Kurs und ihrer ungerechten Politik die rote Karte bekommen.“ CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sah trotz der Unions-Verluste eine Bestätigung des Kurses auch der schwarz-gelben Bundesregierung. Die Menschen wünschten Solidität, Führung und verantwortliches Handeln. „Panikmache lohnt sich nicht“, sagte er an die Adresse vor allem von SPD und Grünen.
Vier Wochen nach der schweren Niederlage bei der Hamburg-Wahl fielen die Verluste für die CDU in Sachsen-Anhalt deutlich geringer aus. Die Wahl war nach der Analyse der Forschungsgruppe Wahlen eher landespolitisch geprägt. Nach der Reaktorkatastrophe in Japan sei die Atomkraft zwar nicht als Problem im Land gesehen worden, aber für 42 Prozent - und für 60 Prozent der Grünen-Wähler - relevant bei der Wahlentscheidung gewesen. Ohne die Entwicklung der vergangenen Tage wäre der Einzug der Grünen in den Landtag keineswegs sicher gewesen.
Von Anfang an war klar, dass das Land einen neuen Regierungschef erhalten wird. Der 75-jährige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) trat nach neun Jahren im Amt aus Altersgründen nicht mehr an. Ihn soll der bisherige Wirtschaftsminister Haseloff (57) beerben. Die SPD schickte Finanzminister Bullerjahn (48) ins Rennen, die Linke ihren Fraktionsvorsitzenden Gallert (47). Die FDP setzte auf Fraktionschef Veit Wolpert (50), die Grünen auf Landeschefin Dalbert (56).