Schäuble sieht Etatziele nicht gefährdet
Berlin (dpa) - Der Etatplan Schäubles von Finanzminister Wolfgang Schäuble hat das Kabinett passiert. Das Zahlenwerk ist aber ebenso Makulatur wie der Finanzplan bis 2016. Die teuren Zusagen an die Länder für deren Ja zum Fiskalpakt sind nicht berücksichtigt.
Die Opposition spricht von einem „Schönwetter-Haushalt“.
Schäuble sieht seine ehrgeizigen Haushaltsziele trotz anhaltender Risiken in der Euro-Schuldenkrise nicht gefährdet. „Wir sind auf der vorsichtigen Seite“, sagte er am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung seines Haushaltsentwurfs für 2013 und des Finanzplans bis 2016.
„Ohne eine schwer vorherzusehende dramatische Zuspitzung der internationalen Lage sind (...) alle Anzeichen so, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung so sein wird, wie es die Bundesregierung zugrunde gelegt hat.“ Die Opposition sprach von einem Schönwetter-Haushalt ohne eine echte Etatsanierung.
Die zuvor vom Kabinett gebilligten Haushaltspläne sehen vor, dass der Bund 2016 erstmals seit mehr als 40 Jahren einen ausgeglichenen Etat ohne neue Schulden sowie einen ersten Überschuss erzielt. Mit dem erhofften Milliarden-Plus sollen dann erstmals auch Schulden des Bundes getilgt werden. Zudem will Schäuble die Schuldenregel schon 2013 und damit drei Jahre früher einhalten als vorgegeben.
Der Haushaltsentwurf war aber schon vor dem Kabinettsbeschluss wieder überholt. Denn die Mehrausgaben in Milliardenhöhe durch die jüngsten Zusagen des Bundes an die Länder für eine Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt sind in dem Zahlenwerk noch nicht enthalten.
Die Zusatzkosten belaufen sich 2013 auf etwa 1,2 Milliarden Euro. Sie sollen in weiteren Beratungen berücksichtigt werden, ohne die geplante Neuverschuldung zu erhöhen. Die Mehrausgaben ab 2014 stehen noch nicht fest. Endgültig verabschiedet wird der Etat Ende November.
Die am Sonntag vereinbarten Zusatzkosten seien aus formalen Gründen nicht mehr eingearbeitet werden, sagte Schäuble. Es würden aber dem Parlament rechtzeitig Vorschläge gemacht, wie dies ohne höhere Neuverschuldung berücksichtigt werde.
Nach dem Entwurf soll die Neuverschuldung 2013 auf 18,8 Milliarden Euro gedrückt werden - nach 32,1 Milliarden in diesem Jahr. Bis 2015 soll sie auf 4,7 Milliarden Euro sinken. Die Ausgaben klettern von 302,2 Milliarden im nächsten Jahr bis 2016 auf 309,9 Milliarden.
Sollte die angestrebte Kapitalerhöhung bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) um zehn Milliarden Euro zur Finanzierung von Wachstumsimpulsen bereits 2012 erfolgen, müsste laut Schäuble ein zweiter Nachtragsetat vorgelegt werden. Auf Deutschland kämen dann weitere Mehrkosten von 1,6 Milliarden Euro zu.
Mit Blick auf Kritik auch von Ökonomen und anderer Länder sagte Schäuble: „Wir setzen (...) unsere Politik der wachstumsfreundlichen Defizitreduzierung fort.“ Dies habe man den internationalen Partnern zugesagt. „In der Gesamtwertung ist unsere Politik richtig dosiert.“
Konjunktur sowie Beschäftigung seien zwar günstig und die Zinsen für Kredite des Bundes „unnatürlich“ niedrig. Er hoffe aber nicht, dass das extrem geringe Zinsniveau so bleibe. Denn ein „Negativzins“ sei eher Ausdruck verunsicherter Finanzmärkte als von Stabilität.
Auch auf gesamtstaatlicher Ebene soll der Defizitabbau vorangetrieben werden. Bis 2014 strebe Deutschland eine „Null“ an, sagte Schäuble. 2012 werde ein Defizit von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen von einem Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet. 2014 solle die Defizitquote auf 0,5 Prozent gedrückt werden.
Eine Abwertung Deutschlands durch große Ratingagenturen befürchtet Schäuble trotz Haftungsrisiken bei der Euro-Rettung von gut 310 Milliarden Euro nicht: „Wir bleiben solide.“ Zur Abwertung der Kreditwürdigkeit durch eine kleine Agentur sagte Schäuble: „Wie kommt man auch als kleine Ratingagentur in Nachrichten, wenn man nicht irgendwas macht, was vom Mainstream deutlich abweicht?“
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, kritisierte, der Haushalt baue auf dem Prinzip Hoffnung auf. Während in Europa die Rezession um sich greife und es auch in Deutschland ernsthafte Signale einer wirtschaftlichen Abschwächung gebe, glaube Schäuble an den immerwährenden Aufschwung. Lasten, die sich aus der Krise ergeben können, würden in die Zukunft verschoben.
Priska Hinz von den Grünen warf Schwarz-Gelb eine vorgezogene Wahlkampf-Show vor: „Die Bundesregierung sonnt sich in Pseudo-Konsolidierung, liefert aber keinen eigenen Beitrag zur Senkung des Defizits.“ Gesine Lötzsch (Linke) sprach von einem „Schönwetter-Haushalt trotz Unwetterwarnungen“.
Norbert Barthle (CDU) hielt entgegen, die Pläne ließen sich noch schneller verwirklichen, wenn die Länder „nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit Ausgleichszahlungen des Bundes fordern würden“. FDP-Experte Otto Fricke betonte: „Standfestigkeit, klare Orientierung und Augenmaß im Zusammenspiel von Wachstums- und Konsolidierungspolitik scheinen sich auszuzahlen.“