Schicksalswahl in Bayern
Die Entscheidung morgen im Freistaat könnte Auswirkungen auf den Urnengang im Bund haben.
Berlin. Es ist ein Kreuz mit den Bayern. In den Berliner Parteizentralen schaut man nervös gen Süden. Denn ausgerechnet eine Woche vor der Bundestagswahl wird morgen im Freistaat ein neuer Landtag gewählt. Die Wahl könnte einiges durcheinanderwirbeln. Am liebsten hätte man es bei CDU und FDP, wenn alles so bliebe, wie es ist: Die CSU erhält ein überzeugendes Ergebnis, die Liberalen schaffen den Sprung über die Fünfprozenthürde. Kurzum: Beide Parteien setzen die schwarz-gelbe Koalition fort. Das würden die Generalsekretäre Hermann Gröhe (CDU) und Patrick Döring (FDP) als klares Signal für eine Neuauflage von Schwarz-Gelb im Bund verkaufen. Doch der Wähler ist unberechenbar geworden.
Alle Institute sagen der CSU von Parteichef Horst Seehofer die absolute Mehrheit voraus. Das wäre gewiss ein Schub für Angela Merkel im Schlussspurt bis zur Bundestagswahl. Auf der anderen Seite sieht man bei der CDU die Gefahr, dass durch den absoluten Erfolg der Schwesterpartei Unionswähler glauben könnten, die Wiederwahl der Kanzlerin sei schon gesichert. Die Folge: Eigene Anhänger blieben am 22. September womöglich Zuhause, heißt es. Auch deswegen hält Merkel bei ihren Auftritten im Wahlkampf keine Rede mehr, ohne laut darauf hinzuweisen, dass noch nichts entschieden sei.
Die andere Gefahr für die Kanzlerin lauert bei der FDP: Verpasst ihr Koalitionspartner den Wiedereinzug in den Landtag, werden die Liberalen im Bund ums Überleben kämpfen müssen. Viele CDU-Anhänger könnten sich dann berufen fühlen, bei der Bundestagswahl der FDP mit einer Leihstimme zu helfen. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen Anfang des Jahres verlor die Union massiv Wähler an die schwächelnde FDP — was die Liberalen zwar rettete, aber der Union am Ende die entscheidenden Stimmen für den Machterhalt in Hannover nahm.
Demgegenüber plagt das Willy-Brandt-Haus eine andere Sorge: Ein Debakel der bayrischen Sozialdemokraten mit Spitzenkandidat Christian Ude mit einem Ergebnis unter 20 Prozent könnte die Aufholjagd ihres Spitzenkandidaten Peer Steinbrück abrupt beenden. Dann würden die Genossen unsanft wieder auf dem Boden der Tatsachen landen.
Ähnlich ängstlich schauen die Grünen nach Bayern: Das Abschneiden der weiß-blauen Parteifreunde gilt in der Grünen-Zentrale als Urteil über die Steuerpläne der Partei, die sich zuletzt negativ auf die Umfragewerte im Bund ausgewirkt haben. Im Freistaat soll der Trend wieder gedreht werden.