Interview mit CDU-Politiker Schwarz-Grün in Österreich – ein Vorbild für Deutschland?

Berlin. · Warum CDU-Politiker Nikolas Löbel Österreich als Vorbild für die Zukunft sieht.

Nikolas Löbel (CDU) ist Außenexperte und Mitglied der Jungen Gruppe in der CDU/CSU-Fraktion.

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Der Jungen Gruppe in der CDU/CSU-Fraktion gehört die politische Zukunft – und die wird nach Ansicht von Nikolas Löbel (33, CDU), Außenexperte und Mitglied der Gruppe, auch in Deutschland schwarz-grün werden. Österreich sei ein Vorbild, so Löbel im Gespräch mit unserer Zeitung. Zur Jungen Gruppe der Union gehören Parlamentarier, die zum Zeitpunkt ihrer Wahl in den Bundestag jünger als 35 Jahre alt waren.

Herr Löbel, sind Österreichs Kanzler Sebastian Kurz und seine Koalition mit den Grünen ein Vorbild für die Union in Deutschland?

Nikolas Löbel: Absolut. Die neue türkis-grüne Koalition in Österreich vereint bürgerliche Vernunft mit politischer Avantgarde. Es ist ein Versuch, eine neue politische Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit zu geben, ohne dabei bei Migration, Klimawandel oder technologischem Fortschritt die Lebenswirklichkeiten der Menschen im Hier und Jetzt zu ignorieren.

Das heißt, Sie plädieren auch für Schwarz-Grün?

Löbel: Wege entstehen dadurch, dass man sie geht. Schwarz-Grün wäre für mich ein gangbarer Weg, ein Versuch, die Sehnsucht der Menschen nach politischer Orientierung rechts und links der Mitte mit Vernunft in der politischen Mitte zu versöhnen.

Mit wem seitens ihrer Partei an der Spitze?

Löbel: Natürlich mit einem starken Team, denn Entschlossenheit entsteht durch Geschlossenheit. Aber wir brauchen auch eine Führungspersönlichkeit, die für Modernität und Zukunft steht und die es versteht, den Menschen wieder rationale und emotionale politische Führung zu bieten.

Wen meinen Sie da konkret?

Löbel: Türkis-Grün kann in Österreich mit und wegen Sebastian Kurz funktionieren. Mit Wolfgang Schüssel wäre das nur schwer vorstellbar. Gleiches gilt für Deutschland. Nach Angela Merkel braucht es ein Zeichen der Erneuerung und Verjüngung. Kramp-Karrenbauer, Spahn oder Söder, alle haben das Zeug dazu, aber es muss derjenige zum Schluss das Team als Mannschaftskapitän anführen, der die besten Siegchancen hat.

Was hat Sebastian Kurz, was führende Unionspolitiker in Deutschland nicht haben?

Löbel: Den Mut zur Kontroverse und die Offenheit für klare politische Beschlüsse, die nicht den kleinstmöglichen Kompromiss zum Ziel haben, sondern die Lösung eines Problems.

Man kann aber auch sagen, Kurz ist politisch extrem beliebig. Schließlich ist er von der FPÖ zu den Grünen gewechselt

Löbel: Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit und bleibt stets ein Abbild von Gesellschaft. Dazu braucht es die Fähigkeit zu lösungsorientierten und tragfähigen Kompromissen. Weniger Maximalkonsens, mehr Problemlösungskompetenz. Das geht mit Liberalen oder Grünen zumeist besser als mit Sozialdemokraten oder Linken.

Wollen die Wähler nicht eher klare Kante?

Löbel: Wähler wollen eine Politik in der Sache, die Lösungen für heutige Probleme findet und keine neuen Probleme für morgen schafft. Und Wähler wollen Politiker, die nicht ständig mit dem in Moralin getränkten Zeigefinger durch die Gegend laufen, sondern die Meinungsfreiheit im politischen Diskurs Wirklichkeit werden lassen.