Section Control : Alle Autofahrer werden erfasst

Bei dem Pilotprojekt müssen Verkehrssicherheit und Datenschutz unter einen Hut gebracht werden.

In Österreich gibt es "section control", erkennbar für alle Autofahrer, schon seit Jahren.

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Düsseldorf/Hannover. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hält die Pilotstrecke auf dem drei Kilometer langen Abschnitt der Bundesstraße 6 zwischen Gleidingen und Laatzen (bei Hannover) für ideal. Bestens geeignet, um in den nächsten Monaten den bundesweit ersten Test für „section control“, die Abschnittskontrolle, zu starten.

Auf dieser Strecke gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Stundenkilometern. Werktags fahren im Schnitt mehr als 15 000 Fahrzeuge hier entlang. Oft viel zu schnell. Bei Geschwindigkeitskontrollen sei festgestellt worden, dass in dem ausgewählten Abschnitt durchschnittlich alle zehn Minuten Raser mit erheblich überhöhtem Tempo unterwegs waren. Allein seit 2011 gab es auf dem drei Kilometer langen Streckenabschnitt 28 Verkehrsunfälle, bei denen zehn Personen leicht, drei schwer und zwei sogar tödlich verletzt worden sind.

Pistorius weist darauf hin, dass rund 70 Prozent aller tödlichen Unfälle in Niedersachsen auf den Straßen außerhalb von Städten und Ortschaften passieren. „Deshalb ist unser Land dafür prädestiniert, ein Pilotprojekt zur Abschnittskontrolle nach den Vorgaben des Deutschen Verkehrsgerichtstages zu starten.“

Aber was soll der Vorteil sein im Vergleich zu dem bisher üblichen Verfahren der Radarkontrolle? Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), schildert dazu eine sich täglich wiederholende Situation: „Der Fahrer bremst kurz vor dem Radarmessgerät ab und beschleunigt dann wieder.“ Das konterkariere nicht nur das vorgegebene Tempolimit, sondern sei mitunter auch gefährlich für nachfolgende Autofahrer, die auf den plötzlich abbremsenden Vordermann auffahren könnten.

Die Innenminister von Bund und Ländern haben das nun in Niedersachsen anstehende Pilotprojekt auf ihrer Konferenz in Köln zwar ausdrücklich begrüßt, aber gleichzeitig auf die Bedenken hingewiesen. Besonders wichtig sei, die persönlichen Daten der Autofahrer zu schützen, damit sie nicht für andere Zwecke genutzt werden. Wenn kein Tempoverstoß vorliegt, müssten die Fahrzeugdaten sofort gelöscht werden.

Kritiker befürchten indes, dass eben dies nicht geschieht. Schließlich würden alle in den überwachten Abschnitt einfahrenden Autos registriert. Erfasst von der Kamera werden nicht nur die Autos, deren Lenker bereits im Verdacht einer Ordnungswidrigkeit stehen, sondern alle, und damit auch die sich ordnungsgemäß verhaltenden Fahrer, sobald sie den ersten Messpunkt passieren.

Obwohl es für den Einsatz von „section control“ derzeit keine Rechtsgrundlage gibt, hält Barbara Thiel, Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, das Pilotprojekt dennoch für vertretbar. Wie ihr Sprecher Michael Knaps betont, müssten aber strenge Bedingungen gelten. Nicht nur, dass die Verkehrsteilnehmer am Einsatzort unübersehbar auf die Anlage hingewiesen werden.

Auch dürfe das Verfahren nur zur Feststellung einer etwaigen Geschwindigkeitsüberschreitung und zu keinen anderen Zwecken genutzt werden. Die Feststellung der Geschwindigkeitsübertretung beziehungsweise der Nicht-Übertretung müsse unverzüglich erfolgen. Und es müsse technisch gesichert sein, dass Nichttrefferfälle sofort spurenlos gelöscht werden — ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen.