Selbst die Union verbeugt sich vor Olaf Scholz
Berlin. Uneingeschränkte Anerkennung für den Wahlsieger auch in Berlin - Die FDP schöpft wieder Hoffnung Ralf Stegner hat der Wahlabend etwas gekostet. Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende hatte mit seinem Gegenüber von der FDP, Wolfgang Kubicki, gewettet, dass die Liberalen nicht mehr als sieben Prozent in Hamburg erreichen würden.
Andernfalls spendiere er ein Abendessen. Das wurde er am Sonntag schon mit der ersten Prognose los.
Überhaupt wirkten die Liberalen wie der Sieger des Tages. Kubicki, Hamburgs FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding und Bundeschef Christian Lindner waren bei den Wahlsendungen omnipräsent. Die Tonlage gab Lindner bei der Wahlparty in der Berliner Parteizentrale vor, die endlich mal wieder den Namen verdiente, nach all den Trauerfeiern zuvor. Bereits um 18.10 stand der Parteichef auf der in Magenta und Gelb ausgeschlagenen Bühne und rief unter Jubel aus: "Hamburg hat der Partei der Freiheit eine neue Chance gegeben". Ob das zutrifft, wird sich als nächstes im Mai in Bremen zeigen.
Auch Grüne und Linke, beide stabilisiert, waren zufrieden mit dem Ausgang. Die Grünen konnten sogar auf eine Regierungsbeteiligung hoffen, denn die SPD hatte die absolute Mehrheit offenbar knapp verfehlt. Und die AFD bejubelte den Einzug in das vierte Landesparlament, das erste im Westen. Jedenfalls solange das Wahlbarometer über fünf Prozent zeigte. Der eigentliche Triumphator wirkte da im Jubel der anderen fast bescheiden. Sachlich als komme er gerade vom Einkauf zurück, sagte Olaf Scholz vor seinen Anhängern, dass Hamburg auch in den nächsten fünf Jahren gut regiert werde. Er stehe für Verlässlichkeit. In der Berliner Parteizentrale der Sozialdemokraten verbanden sich auf der Wahlparty aber zwei durchaus prickelndere Themen mit dem Ergebnis.
Erstens: Lag es an Scholz' ausgesprochen wirtschaftsfreundlichem Kurs? Eine brisante inhaltliche Frage. Yasmin Fahimi, Partei-Generalsekretärs, wich aus. Es sei die "zuverlässige und kluge Politik" des Bürgermeisters gewesen, die den Sieg ausgemacht habe, meinte sie. Und Parteichef Sigmar Gabriel fand, Scholz habe eben Wirtschafts- und Sozialkompetenz zusammengeführt, das sei das Erfolgsgeheimnis. Das zweite in Berlin diskutierte Thema war personeller Art und noch brisanter: Wäre Scholz nicht ein besserer Kanzlerkandidat als Gabriel? Der Vizekanzler reagierte spöttisch. "Das ist ja eine lustige Frage drei Jahre vor der Bundestagswahl". Scholz selbst ließ durchblicken, dass er wenig Lust hat, 2017 gegen Merkel zu verlieren. Er habe "viel persönliche Zuneigung" im Wahlkampf verspürt, sagte er, und verspreche daher, dass er dieses Vertrauen rechtfertigen werde, "auch die nächsten fünf Jahre".
Ein größeres Lob als vom Wahlverlierer des Tages, der Union, hätte der Erste Bürgermeister nicht bekommen können. In den Großstädten, sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber auf einer gähnend leeren und entsprechend stimmungslosen Wahlfete im Konrad-Adenauer-Haus, komme es sehr auf die Persönlichkeit des Spitzenkandidaten an, und davon habe Scholz eben sehr stark profitiert. Das war auch eine Ohrfeige für den eigenen glücklosen Spitzenkandidaten Dietrich Wersich, dessen Zukunft nun in den Sternen steht.
Ähnlich der Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer: "Olaf Scholz hat wohl nicht viel falsch gemacht". Allerdings, schob der "MGB" abgeküzrte CDU-Spitzenmann hinterher, habe Angela Merkel bundesweit sogar ein noch höheres Ansehen. Die Union, darf man folgern, nimmt Politik derzeit schon sehr persönlich.