Sexismus oder nicht: Was darf man(n) noch?
Die Vorwürfe gegen FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle haben eine breite Debatte ausgelöst.
Berlin. Die Sexismus-Debatte um den FDP-Politiker Rainer Brüderle hat eine Lawine losgetreten. Viele Menschen schütteln den Kopf — die einen, weil sie die Äußerungen von FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle (67) gegenüber einer Journalistin für plump und sexistisch halten, die anderen, weil sie die Aufregung über flapsige Sprüche nicht verstehen können. Aber was darf man(n) noch? Und was wagt man(n) noch?
„Ein Mann kann leicht in die Sexismusfalle tappen“, sagt Sexualforscher Professor Harald A. Euler (69) von der Universität Kassel. Ein Flirt auf Augenhöhe falle meist nicht darunter, in anderen Situationen sei eine Grenze schnell überschritten. Doch auch beim Flirt fängt das Problem schon an. In Studien sei nachgewiesen worden, dass Männer viel öfter als Frauen denken, es gehe in Gesprächen um Sex, erzählt Euler. „Das passiert ständig beim Austausch zwischen Mann und Frau.“
Dabei hat laut einer aktuellen Umfrage auch jeder dritte Mann im Berufsleben schon selbst Sexismus erlebt. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov gaben 28 Prozent der männlichen Befragten an, sie seien „einmal“ oder „gelegentlich“ mit Anzüglichkeiten konfrontiert gewesen. Bei drei Prozent war das demnach „schon oft“ der Fall. Bei den befragten Frauen waren die Zahlen mit 48 beziehungsweise sieben Prozent allerdings deutlich höher.
Die Mehrheit der Befragten — 62 Prozent — erklärten in der Umfrage allerdings: „Ich finde es wichtig, Grenzüberschreitungen zu thematisieren.“ Zugleich meinten sie aber auch, man müsse nicht aus jedem misslungenen Herrenwitz gleich eine Sexismus-Debatte machen. dpa/Red