Spannendes Hartz-IV-Verhandlungsfinale
Berlin (dpa) - Durchbruch oder Scheitern? An diesem Sonntag wollen Union und FDP endlich mit der Opposition Klarheit für die rund sechs Millionen Hartz-IV-Empfänger in Deutschland schaffen.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) kritisiert das lange Taktieren von Regierung und Opposition als politischen Skandal.
Vor den entscheidenden Verhandlungen forderten SPD und Grüne mehr Einsatz von Kanzlerin Angela Merkel. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte der „Braunschweiger Zeitung“, die Positionen lägen bei Bildungspaket, Regelsatz und Mindestlohn noch weit auseinander. Es drohe ein Scheitern. Die CDU-Chefin Merkel suchte am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz mit FDP-Chef Guido Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer eine Lösung. Das Ergebnis wurde nicht mitgeteilt.
Bei einem Erfolg des Treffens müsste der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag den Kompromiss am Mittwoch billigen. Dann könnten beide Parlamentskammern das Gesetz am 11. Februar beschließen. Im Bundesrate braucht Schwarz-Gelb die Zustimmung der Opposition. Das Bundesverfassungsgericht hatte vor fast einem Jahr eine Neuberechnung des Regelsatzes für 4,7 Millionen erwachsene Hartz-IV-Bezieher verlangt. Für Kinder soll es ein Bildungspaket mit Nachhilfe, Musikschul-Besuchen, Sportverein-Mitgliedschaft und Zuschüssen für Schulmittagessen und Schulausflüge geben.
Nach einem Bericht des Berliner „Tagesspiegels“ haben SPD und Grüne zuletzt das Mittagessen für Schüler und Kindergartenkinder ins Zentrum der Auseinandersetzung gerückt. Die Bundesregierung wolle die eingeplanten 117 Millionen Euro Bundeszuschüsse den Kindern in Ganztagsschulen und -Kitas reservieren. Wer in einem externen Hort zu Mittag isst, solle leer ausgehen. SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig verlange eine klare Zusage für die Ausdehnung des Kreises der Begünstigten.
Wenn Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sich nicht mit den eigenen Koalitionspartnern einigen könne, müsse die Kanzlerin für Ordnung in ihren Reihen sorge, sagte Schwesig der „Welt“. Es gebe keine neuen Kompromissvorschläge der Regierung, weil die Koalition sich nicht einig sei. Schwesig unterstellte Merkel, für das Thema Hartz IV nichts übrig zu haben.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf der Koalition vor, „nicht verhandlungsfähig“ zu sein. „Wir verhandeln nicht mit einem Partner, sondern mit dreien: CDU, CSU und FDP“, sagte Trittin „abendblatt.de“. FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte die CDU und CSU auf, sich beim Thema Leiharbeit ui verständigen. Lindner warnte in der „Thüringer Allgemeinen“ SPD und Grüne davor, die Verhandlungen abzubrechen.
Der höhere Regelsatz von vorgeschlagen 364 Euro würde rückwirkend zum 1. Januar bezahlt. Die Leistungen aus dem Bildungspaket können nachträglich nicht mehr in Anspruch genommen werden. Beim Bildungspaket sind sich Union, FDP, SPD und Grüne weitgehend einig. Rot-Grün fordert aber im Gegenzug einen allgemeinen Mindestlohn und gleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbeschäftigten. Bei einem Scheitern könnten Klagen der Betroffenen drohen, die seit Januar auf die Erhöhung warten - auch wenn es nur um fünf Euro pro Monat geht.