SPD: Arbeitgeber stärker an Krankenkassen-Kosten beteiligen
Berlin (dpa) - Die SPD dringt darauf, die Arbeitgeber wieder stärker an der Finanzierung der steigenden Krankenkassen-Kosten zu beteiligen.
„Die SPD will, dass die Krankenkassenbeiträge wieder zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmer getragen werden“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). „Diese Parität muss auch bei den Zusatzbeiträgen gelten. Ich verstehe nicht, dass sich die Union dem bislang verweigert.“
SPD-Fraktionsvize und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der „Funke Mediengruppe (Mittwoch): „Es ist ungerecht, dass die Arbeitnehmer jetzt alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allein tragen müssen.“ Die Rückkehr zur hälftigen Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber sei eine „Kernfrage sozialer Gerechtigkeit“.
Vor gut zehn Jahren war von Rot-Grün angesichts der schlechten Arbeitsmarktlage der Arbeitgeber-Anteil bei 7,3 Prozent eingefroren worden. Der allgemeine Beitragssatz, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte tragen müssen, liegt seither bei 14,6 Prozent. Die Kassen können seit vergangenem Jahr einen individuellen Zusatzbeitrag erheben, den dann aber allein die Mitglieder zu tragen haben. Der Zusatzbeitrag liegt für 2016 bei durchschnittlich 1,1 Prozentpunkten.
Der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag bis 2020 um jährlich etwa 0,2 Punkte steigt. Um den Anstieg vor der Bundestagswahl 2017 moderat halten zu können, sollen die gesetzlichen Krankenkassen eine einmalige Finanzspritze von 1,5 Milliarden Euro aus den Reserven des Gesundheitsfonds bekommen.
Der neue Beitragsmechanismus gilt seit 2015. Die SPD hatte die Umstellung zu Lasten der Arbeitnehmer damals mitgetragen, trotz guter Konjunkturdaten. Die Sozialdemokraten dringen nun - wie auch die Opposition - darauf, die Parität wiederherzustellen.
Lauterbach reagierte jetzt auf neue Prognosen über einen noch drastischeren Anstieg der Zusatzbeiträge. Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen hatte prognostiziert, der durchschnittliche Zusatzbeitrag von heute 1,1 Prozent könne 2020 auf 2,4 Prozent steigen.
In den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ bekräftigte Wasem, die steigenden Kosten seien unter anderem Folgewirkungen von unzureichenden Strukturreformen. „Wir haben Überkapazitäten bei Krankenhäusern, wir haben im internationalen Vergleich sehr hohe Bettenzahlen, hohe Fallzahlen und eine lange Verweildauer in Kliniken. An dieses Thema trauen wir uns nicht ran.“