„Schulz-Effekt“ SPD hat bei Mitgliederzahl und in Umfrage die Nase vorn
Der „Schulz-Effekt“ verschiebt die Gewichte. CDU und FDP wollen den Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten jetzt inhaltlich stellen.
Berlin/Düsseldorf. Der „Schulz-Effekt“ beschert der SPD nicht nur ein Hoch in den Umfragen, sondern nach Jahren des Niedergangs auch einen Mitgliederzuwachs. Seit Martin Schulz am 24. Januar als Kanzlerkandidat vorgeschlagen wurde, traten 6564 Bürger allein via Internet in die Partei ein, wie die SPD auf Anfrage in Berlin mitteilte. Im ARD-„Deutschlandtrend“ von Infratest dimap liegt die Partei erstmals seit gut zehn Jahren (Oktober 2006) vor der Union.
Zu den Online-Eintritten kommen bei der SPD nach Parteiangaben noch viele Menschen, die sich direkt in den Landesverbänden um ein Parteibuch bemüht haben. Allein in NRW, wo im Mai gewählt wird, gab es seit Jahresanfang mehr als 2300 Neueintritte. „Solche Zahlen haben wir seit 20 Jahren nicht mehr gehabt“, sagte ein SPD-Sprecher.
Während die Umfragen für die SPD erst in den vergangenen vier Wochen nach oben gingen, war sie nach Mitgliederzahlen bereits zum Jahreswechsel wieder Nummer eins. Sie hatte Ende Dezember nach eigenen Angaben 432 706 Mitglieder, die CDU lag mit 431 920 knapp dahinter. Bis Ende Januar konnte die SPD den Vorsprung ausbauen und erreichte 433 434 Mitglieder.
Die CDU verbuchte mit über 1500 Eintritten zwar den stärksten Zuwachs in einem Monat seit drei Jahren — aber unter dem Strich schrumpfte die Mitgliederzahl Ende Januar auf 430 683, weil mehr Menschen austraten oder starben. Auch die CSU verzeichnet sinkende Mitgliederzahlen: Aktuell habe die Partei „gerundet 142 000 Mitglieder“, sagte ein Sprecher. Im Dezember waren es rund 143 000, ein Jahr davor knapp 144 000.
Bei der Infratest-dimap-Sonntagsfrage zur aktuellen Parteipräferenz gewannen die Sozialdemokraten im Vergleich zu Anfang Februar vier Prozentpunkte hinzu und kommen nun auf 32 Prozent. CDU und CSU kamen auf 31 Prozent (minus drei).
Unionsfraktionschef Volker Kauder zeigte sich indes bereits kämpferisch: „Von einem Herrn Schulz lassen wir uns nicht verdrängen“, sagte der CDU-Politiker. Er sprach sich dafür aus, Schulz im Wahlkampf nicht persönlich anzugreifen, sondern auf seine Positionen hinzuweisen. „Mit jeder Aussage des Kandidaten wird deutlicher, dass er die SPD klar nach links schieben will — in Richtung Linkspartei.“
FDP-Chef Christian Lindner, dessen Partei in NRW nach der Nominierung von Schulz durch die SPD ihrerseits stärkere Zugänge verzeichnet als sonst, sagte gegenüber unserer Zeitung: „Martin Schulz hat Bewegung gebracht. Seine klassisch linke Agenda von mehr Staat, mehr Steuern und Regelungen mag der Sozialdemokratie Aufwind geben. Sie mobilisiert aber auch die gegenteiligen politischen Kräfte.“ dpa/PK
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