Trotz Wahlschlappe Schulz will SPD-Chef bleiben
Berlin (dpa) - SPD-Chef Martin Schulz will Parteivorsitzender bleiben, auch wenn die Sozialdemokraten bei der Landtagswahl in Niedersachsen am kommenden Sonntag eine Schlappe erleiden.
„Ich werde beim Parteitag im Dezember wieder für den Parteivorsitz kandidieren. Das habe ich weder an irgendwelche Bedingungen noch an die Ergebnisse von Landtagswahlen geknüpft“, sagte der gescheiterte Kanzlerkandidat der „Bild am Sonntag“. Wer die SPD in die nächste Bundestagswahl führen wird, ließ er offen.
Schulz übernahm „die Hauptverantwortung“ dafür, dass die SPD mit ihm als Kanzlerkandidaten bei der Bundestagswahl mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis der Nachkriegszeit eingefahren hatte. Er wolle aber weitermachen, denn die Herausforderungen der Globalisierung und der Digitalisierung seien nur europäisch zu bestehen, und Europa sei sein Thema. „Ich bin fest davon überzeugt, dass ich das Vertrauen in die SPD zurückgewinnen kann, wenn die Leute sagen: Das ist ein ehrlicher Mann. Der hat eine Idee für die Zukunft des Landes.“
Allerdings möchte ein gutes Drittel der Deutschen, dass Schulz als Parteichef abtritt. In einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur plädierten 36 Prozent für einen Rücktritt des erst im März einstimmig gewählten SPD-Vorsitzenden. Etwa 35 Prozent wollen ihn weiter im Amt sehen; 29 Prozent machten keine Angaben. Von den SPD-Wählern unterstützen laut YouGov zwei Drittel (66 Prozent) Schulz' Entscheidung, den Chefposten zu behalten.
Gegenkandidaten muss Schulz bisher nicht fürchten. Die neue SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles will bei der Vorstandswahl auf dem Parteitag im Dezember nicht gegen ihn antreten. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erklärte der dpa, sie wolle gerne stellvertretende Parteivorsitzende bleiben.
Der SPD-Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, forderte nach den herben Wahlniederlagen der Sozialdemokraten zwar einen „vollständigen personellen Neuanfang“ bei den „Funktionären“ in der SPD-Zentrale, nahm Schulz aber ausdrücklich aus. Die SPD sei in einer „existenzgefährdenden Krise“, schrieb Saleh im Berliner „Tagesspiegel“ (Sonntag). Die Partei trage Mitschuld am Verlust des Vertrauens der Bürger in die Politik und am Aufstieg der AfD.
„Die Spitze der SPD hat sich in den vergangenen Jahren ständig vergaloppiert“, schreibt Saleh. Seine Partei habe zentrale Themen wie Sicherheit und „Angst vor Überfremdung“ nicht ernst genug genommen. Schulz habe zwar ein echtes Bedürfnis der Menschen nach „etwas Neuem, Echtem, Kantigem, Handfesten“ bedient, sei aber „in das Räderwerk der Funktionäre gekommen“.
Beifall für sein Festhalten am Posten des SPD-Chefs findet Schulz auch bei 53 Prozent der Linke-Wähler. Dagegen sind die Wähler von Union (53 Prozent) und AfD (61 Prozent) der YouGov-Umfrage zufolge mehrheitlich für seinen Rücktritt. Die Anhänger der FDP (46 Prozent für Rücktritt, 32 Prozent dagegen) und der Grünen (37 Prozent dafür, 38 Prozent dagegen) sind in dieser Frage eher gespalten.