SPD-Kanzlerkandidatur: Gabriel-Vorstoß wohl ohne Chance

Berlin (dpa) - Ein Aufruf von SPD-Chef Sigmar Gabriel für einen Wettkampf um die Kanzlerkandidatur 2017 droht ins Leere zu laufen. Infrage kommende Anwärter winkten über Pfingsten ab: Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprach sich gegen einen solchen Konkurrenzkampf aus.

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Außenminister Frank-Walter Steinmeier will sich nach eigenen Worten auf die Außenpolitik konzentrieren. Damit läuft es derzeit auf Gabriel als Kandidaten heraus. Die CDU reagierte mit Spott.

Gabriel hatte im Magazin „Spiegel“ gesagt: „Es wäre hervorragend, wenn es im nächsten Jahr zwei oder drei Leute aus der Führungsspitze der SPD gäbe, die sagen: Ich traue mir das zu.“ Gabriel kündigte für diesen Fall einen Mitgliederentscheid der SPD an.

Scholz entgegnete: „Die SPD ist eine solidarische Partei, und in der SPD-Spitze halten wir zusammen. Wir machen uns nicht gegenseitig die Posten streitig.“ In den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland fügte er hinzu: „Der SPD-Vorsitzende ist der natürliche Kanzlerkandidat.“

Steinmeier sagte im „Tagesspiegel“ (Sonntag), die SPD habe einen Parteivorsitzenden. „Er hat den Zugriff auf die Kanzlerkandidatur“. Sozialministerin Andrea Nahles und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, die ebenfalls als mögliche Alternative zu Gabriel gelten, äußerten sich nicht. Gabriel selbst räumte ein: „Solange wir in Umfragen bei 20 Prozent liegen, ist es schwierig, den Kanzler zu stellen.“ Ob er als Kandidat antreten will, ließ er weiter offen.

Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) stichelte auf Twitter: „Die SPD ist gerade voll in der Wahlkampfvorbereitung: Jeden Tag lehnt eine(r) die Spitzenkandidatur ab.“ Die SPD will den Kandidaten erst nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 bestimmen, vier Monate vor der Bundestagswahl.

Angesichts von Umfragewerten um die 20 Prozent debattiert die Partei mit wachsender Intensität mögliche Strategien. Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel kündigte eine harte Gangart gegenüber dem Koalitionspartner an. „Wir werden ganz sicherlich in verteilungspolitischen Fragen den Konflikt mit der Union suchen“, sagte er im ZDF. „Wir müssen jetzt mit Blick auf die nächsten eineinhalb Jahre die Erkennbarkeit wieder in den Vordergrund rücken.“ Grosse-Brömer warf ihm vor, mit „Steuergerechtigkeit“ tatsächlich Steuererhöhungen zu meinen.

Aber auch Gabriel setzt auf die soziale Karte. „Die SPD muss zeigen, dass sie ohne Wenn und Aber Schutzmacht der normalen Arbeitnehmer ist.“ Nötig sei es, dabei auch die Sorgen der AfD-Wähler ernst zu nehmen. Denn nicht nur für CDU/CSU sei die AfD eine Herausforderung, sondern „gerade für die Sozialdemokratie“. Der Wirtschaftsminister will auch das negative Nachwirken der Agenda 2010 von Ex-Kanzler Gerhard Schröder bei Teilen der Kernwählerschaft berücksichtigen. So müsse die SPD klar machen, „dass jetzt ein für alle Mal Schluss ist mit der Herrschaft des Neoliberalismus“.

Zuletzt hatten Gerüchte um einen Rücktritt Gabriels für Aufregung gesorgt - die der SPD-Chef dementierte. Nun machte Gabriel aber auch deutlich, dass er nicht an seinem Stuhl klebt. „Wer sich selbst für unersetzbar hält oder - was noch schlimmer wäre - sein eigenes Selbstwertgefühl nur aus einem Amt bezieht, ist eigentlich schon deshalb nicht geeignet“, sagte er.