SPD-Konvent legt Latte hoch für TTIP-Verhandlungen

Berlin (dpa) - Die SPD hat eine Reihe roter Linien für die Verhandlungen über das transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) beschlossen.

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SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte am Samstag nach einem nicht-öffentlich tagenden Parteikonvent, dass sich die 200 Delegierten bei sieben Nein-Stimmen und drei Enthaltungen hinter ein von ihm mit dem DGB ausgehandeltes Positionspapier gestellt hätten.

„Ich bin gegen den Abbruch von Verhandlungen“, sagte Gabriel. Er hatte sich zuvor dem Vernehmen nach im Vorstand einen „engagierten“ Meinungsaustausch mit den Parteilinken Carsten Sieling und Ralf Stegner geliefert. Diese hatten im Vorfeld öffentlich Nachbesserungen am ursprünglichen Antrag der Parteiführung gefordert. Schließlich wurde der Antrag um die 14 Punkte des Gabriel/DGB-Papiers ergänzt.

Darin werden Schiedsgerichte, wo Konzerne Staaten verklagen können, ebenso abgelehnt wie Investitionsschutzklauseln. Auch Einschränkungen bei Arbeitnehmerrechten, Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards wird eine Absage erteilt. Einen Dumping-Wettbewerb, bei dem Staaten und Unternehmen sich Vorteile über Sozial- und Umweltschutzdumping verschaffen, dürfe es nicht geben. Und am Ende soll auch der Bundestag zustimmen müssen.

Es werden aber auch die Vorteile betont. So fördere die Beseitigung von Zöllen den Handel: Täglich gingen heute schon Waren im Wert von rund zwei Milliarden Euro über den Atlantik.

Als Wirtschaftsminister muss Gabriel für die Bundesregierung die Verhandlungen begleiten - und bindet sich nun ziemlich deutlich. Mit TTIP wollen die EU und die USA die größte Freihandelszone der Welt mit 800 Millionen Menschen schaffen. Vor dem Konvent hatte es in Kreisen der EU-Kommission Sorgen gegeben, die SPD könne den Verhandlungsprozess mit einem Aussetzungsvotum torpedieren.

SPD-Vizechef Stegner hatte von Gabriel gefordert, es müssten „mehrere Dinge klargestellt werden“, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. Einen SPD-Mitgliederentscheid lehnte Stegner ab. Am Ende zeigten sich sowohl er als auch der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion, Sieling, zufrieden.

Mit Blick auf das bereits ausgehandelte Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta), wo es die Option von Sonderschiedsgerichten gibt, sagte Gabriel, dass die TTIP-Leitplanken auch hierfür angewendet werden sollen. Daher müsse Ceta jetzt noch einmal überprüft werden. Er rechne nicht mehr mit einer Ratifizierung in diesem Jahr. Auch in der Union gebe es Vorbehalte gegen einzelne Punkte, meinte Gabriel.

Damit kann es auch nicht Ende des Monats beim Kanada-EU-Gipfel besiegelt werden. Ceta gilt als Blaupause für TTIP. Am Montag stellt das Ministerium ein Gutachten zu Ceta vor. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte noch am Freitag betont: „Weder wird das Chlorhühnchen Einzug halten, noch werden gentechnisch veränderte Lebensmittel in Zukunft in die EU importiert werden können.“ Sie sieht die Abkommen als mögliche Jobmotoren.

Vor dem Willy-Brandt-Haus demonstrierten rund 100 Aktivisten gegen TTIP und Ceta. Zu den Demonstranten gehörte auch der Kanadier Steve Weir. Seit über 20 Jahren habe man in Kanada schon Freihandelsabkommen mit anderen Staaten. „Bei uns hat niemand profitiert - außer die großen Konzerne“, meinte er. Die Aktivistin Gabi Schmalz hatte einen mobilen Galgen dabei, eine Schlinge um den Hals, auf dem T-Shirt in schwarzen Lettern das Wort „Demokratie“. Rechte von Bürgern und Staat dürfe man nicht aus der Hand geben, so Schmalz.

Einmütig stellte sich der Konvent hinter den Kurs von Außenminister Frank-Walter Steinmeier für Waffenlieferungen in den Nordirak zur Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat. Als große Aufgabe sieht die SPD die Veränderungen in Arbeitswelt und Gesellschaft durch die Digitalisierung. „Wir müssen den Silicon-Valley-Kapitalismus zähmen“, sagte Gabriel. Mir Blick auf die Steuervermeidungsstrategien von Konzernen wie Apple, Amazon und Google in Deutschland sagte er: „Das ist asozial.“ Gabriel rief seine Partei zugleich dazu auf, den digitalen Wandel auch als große Chance zu sehen. Es gehe wie bei der industriellen Revolution darum, Gefahren und Risiken einzuhegen.