SPD will mit kostenlosen Kita-Plätzen punkten
Berlin (dpa) - Die SPD will bei einem Berliner Parteikonvent an diesem Sonntag ihre Pläne für eine schrittweise Abschaffung der Beiträge für Kinderkrippen und Kitas konkretisieren.
Die Beitragsfreiheit entlaste Eltern im Schnitt um bis zu 160 Euro pro Monat und 1900 Euro pro Jahr, heißt es im Leitantrag für das Parteitreffen. Ziel ist mittelfristig eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni.
Mit der Beitragsfreiheit soll garantiert werden, dass gerade Mütter wieder rascher in den Beruf zurückkehren können. Bei dem kleinen Parteitag wird es auch zum ersten öffentlichen Auftritt von Gertrud Steinbrück kommen, der Frau des SPD-Kanzlerkandidaten Peerc Steinbrück. Die Gymnasiallehrerin und der Ex-Finanzminister reden mit Moderatorin Bettina Böttinger über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die Kita-Beitragsfreiheit war bereits im Wahlprogramm generell beschlossen worden. In dem Antrag betont die SPD: „Wir wollen zugleich in den Ausbau, den Betrieb und die Qualität von Kitas und Schulen investieren, insbesondere auch in Ganztagseinrichtungen.“ Statt Milliarden für ein „sinnloses Betreuungsgeld“ aufzuwenden, sollten Bildungsinvestitionen deutlich erhöht werden, um endlich den Anschluss an das internationale Niveau zu schaffen.
Eine Neustrukturierung des Kindergeldes soll Familien mit geringen und mittleren Einkommen zudem davor bewahren, auf Hartz-IV-Niveau abzurutschen. Familien mit einem Einkommen bis 3000 Euro können mit dem bisherigen Kindergeld von 184 Euro und einem Kinderzuschlag von 140 Euro auf bis zu 324 Euro pro Monat kommen. „Von dieser Reform wird ein Viertel aller Kinder profitieren“, heißt es im Antrag.
Das SPD-Wahlprogramm sieht vor, schrittweise bis zu 20 Milliarden Euro für den Bildungsbereich zur Verfügung zu stellen, 10 Milliarden sollen vom Bund kommen. Finanziert werden soll dies unter anderem mit einem Spitzensteuersatz von 49 Prozent ab einem zu versteuernden Einkommen von 100 000 Euro. Im Leitantrag wird betont, die Wohltaten seien solide gegenfinanziert. Die im Finanzierungskonzept der SPD hinterlegten Mehreinnahmen und Minderausgaben beliefen sich ohne die derzeit steigenden Steuereinnahmen bereits auf 35 Millarden Euro.
Als einzige Bundestagspartei hat die Union noch keinen Entwurf für ein Wahlprogramm vorgelegt und will dieses auch nur im engsten Führungszirkel statt von einem Parteitag diskutieren und verabschieden lassen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angekündigt, bei einem Wahlsieg viele Milliarden für höhere Mütterrenten und Kinderfreibeträge ausgeben zu wollen - Schätzungen beziffern die Kosten auf bis zu 28 Milliarden Euro. Zudem will sie eine stärkere Preisbegrenzung bei Neuvermietungen, obwohl Union und FDP dies gerade erst im Beschluss für ein Mietrechtsänderungsgesetz abgelehnt hatten.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht durch die geplanten Hilfszahlungen an Flutopfer die Finanzierbarkeit von Wahlversprechen seiner Partei in Gefahr. „Wenn unser finanzieller Spielraum durch die Flut kleiner wird, dann wird er eben kleiner“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Schäuble wies zugleich Berichte zurück, wonach die Ankündigungen Merkels auf Mehrausgaben von 28,5 Milliarden Euro hinauslaufen. „Das ist keine seriöse Zahl.“
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verteidigte die Kritik aus seiner Partei an den milliardenschweren Wahlversprechen. „Vor Wahlen ist es doch verständlich, dass die Parteien ihre jeweilige Identität und ihre Programme herausstellen. Wir hatten vier gute Jahre in der Regierung mit der Union und streben vier weitere gute Jahre für Deutschland an“, sagte er der „Neuen Westfälischen“ in Bielefeld (Samstag). „Aber die FDP will die Schwarze Null im Haushalt erreichen und dann beginnen, die Schulden zurückzuzahlen. Das ist für uns das Entscheidende“, antwortete er auf den Einwand, dass Merkel Unmut über die FDP-Kritik signalisiert habe.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier bescheinigte den Wahlversprechen der Kanzlerin kurze Haltbarkeit. „Im Wahlkampf wird versprochen, im politischen Alltag gebrochen“, sagte er dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Merkels Ankündigung, sie wolle eine Mietpreisbremse bei Neuvermietungen, habe keine zwei Wochen gehalten.