Flüchtlingspolitik Stellt Angela Merkel die Vertrauensfrage im Parlament?

Der Druck steigt, in der EU ist eine Lösung in der Flüchtlingsfrage fern. Die Visegrad-Staaten arbeiten aktiv gegen die Bundeskanzlerin.

Kanzlerin Merkel bekommt wegen ihrer Flüchtlingspolitik Druck aus allen Richtungen.

Foto: Michael Kappeler

Berlin/Brüssel/Prag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht vor ihrer Woche der Wahrheit: Am Donnerstag und Freitag geht es in Brüssel beim Euro-Gipfel darum, eine tragfähige Lösung in der Flüchtlingspolitik zu finden. Davon scheint Merkel weiter entfernt denn je, viel Hoffnung auf europäische Solidarität kann die Kanzlerin sich nicht machen: Frankreich lehnt ein dauerhaftes Verteilsystem von Flüchtlingen ab. Ein solches System aber ist der Kern des Merkelschen Konzeptes: Die Außengrenzen sichern, Flüchtlinge aus der Türkei in Kontingenten abnehmen und sie gerecht in allen Länder Europas unterbringen. Wenn das nicht geht, wenigstens in den gutwilligen Staaten, mit denen sich Merkel am Donnerstag in Brüssel trifft. Doch seit Frankreichs Ausscheren ist kein anderes großes Land mehr dabei.

Inzwischen wird in Berlin diskutiert, ob Merkel die Vertrauensfrage stellen wird, um sich zumindest Rückendeckung im eigenen Parlament zu holen. FDP-Chef Linder hatte den Vorschlag in die Debatte geworfen. Nicht ohne Hintersinn, denn bei einem Scheitern einer Vertrauensfrage kann es Neuwahlen geben. „Die Situation, die wir haben ist unerträglich“, sagte der Liberale. Die Regierung blockiere sich gegenseitig. Wenn Merkel ohne Erfolge aus Brüssel zurückkomme, müsse sie die Vertrauensfrage stellen. „Mindestens, um ihre Autorität wieder herzustellen.“

Der Druck kommt aus allen Richtungen: Die vier so genannten Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei wehren sich vehement gegen die Aufnahme von Flüchtlingen und arbeiten aktiv gegen Merkels Plan an. Sie trafen sich am Montag in Prag, um ihr Vorgehen zu koordinieren. Ziel: Mazedonien soll seine Grenzen nach Griechenland dichtmachen. Merkel befürchtet, dass sich die Flüchtlinge dann massiv in Griechenland stauen und das Land noch weiter destabilisieren. Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnte die vier Länder der sogenannten Visegrad-Gruppe davor, in der Flüchtlingskrise zu einem „Verein der Abtrünnigen“ zu werden. Asselborn wies darauf hin, dass die Visegrad-Länder in der Vergangenheit selbst viel Solidarität erfahren hätten. Sollten sie sich nun abschotten, werde es in Brüssel sehr schnell eine Debatte darüber geben, dass alle, die Solidarität erfahren, auch Solidarität zurückgeben müssten. Red/wk