Steuereinnahmen aus Kapitalerträgen brechen ein

Berlin (dpa) - Die Staatskassen haben in Folge der Finanzkrise und niedriger Zinsen im vergangenen Jahr deutlich weniger Steuern auf Kapitalerträge eingenommen. Bei der Abgeltungsteuer verbuchte der Fiskus 2010 gegenüber dem Vorjahr einen Einbruch um etwa ein Drittel auf 8,7 Milliarden Euro.

Der deutliche Rückgang löste am Montag eine neue Debatte über die Anfang 2009 eingeführte Abgeltungsteuer aus. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG), Dieter Ondracek, forderte die Abschaffung der umstrittenen Steuer. „Die Reform ist eindeutig nach hinten losgegangen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Ziele, im großen Stil privates Kapital ins Land zurückzuholen, und die Vereinfachung des Steuerrechts seien nicht erreicht worden. Ähnlich äußerten sich die Grünen.

Das Bundesfinanzministerium wies den Vorwurf der Verkomplizierung zurück. Auch der Steuerzahlerbund verteidigte die Abgeltungsteuer. Die FDP lehnt ihre Abschaffung oder eine stärkere Besteuerung ab. Insgesamt waren alle Steuereinnahmen (ohne reine Gemeindesteuern) dank des Konjunkturbooms 2010 stärker gestiegen als erwartet.

Einnahmen aus der Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge gingen 2010 dagegen um fast ein Drittel zurück gegenüber dem Vorjahreswert von 12,44 Milliarden Euro. Wie in der vergangenen Woche bekanntgeworden war, sank das Aufkommen nach aktuellen Zahlen konkret um 3,7 Milliarden auf 8,7 Milliarden Euro.

Als Grund nannte das Finanzministerium die stark gesunkene Durchschnittsverzinsung. Im Dezember fiel das Aufkommen um 9,2 Prozent. Dieses Minus sei aber weit niedriger ausgefallen als das der Vormonate. Für 2011 wird nach der Steuerschätzung von November ein Rückgang auf 8,5 Milliarden Euro erwartet.

Seit Januar 2009 gilt für Zinserträge, Dividenden und Wertpapiergewinne pauschal eine Abgeltungsteuer von 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag, die die Banken direkt an den Fiskus abführen. Bis Ende 2008 galt dagegen der persönliche Einkommensteuersatz.

Vor Einführung der Abgeltungsteuer hatte der Staat im Jahr 2008 noch gut 13,46 Milliarden Euro Steuern aus dem Zinsabschlag eingenommen. Nach Darstellung des Finanzministeriums ist ein Vergleich „insoweit schief, als im Jahre 2008 ein Steuersatz von 30 Prozent galt, im Jahre 2010 hingegen ein Steuersatz von 25 Prozent“.

Auch sei das Aufkommen aus der Besteuerung von Dividenden in den aktuellen Zahlen nicht enthalten, sondern es werde unter den „nicht veranlagten Steuern vom Ertrag“ separat erfasst. Die Einnahmen aus der Dividendenbesteuerung hätten 2010 um 4,1 Prozent zugenommen. Im Dezember 2010 habe es ein Plus von 24,2 Prozent gegeben.

FDP-Finanzexperte Volker Wissing erklärte, einbrechende Einnahmen hätten wenig mit der Ausgestaltung der Steuer, aber sehr viel mit ausbleibenden Kapitalerträgen zu tun. „Es hilft wenig, eine Kuh die keine Milch mehr gibt, noch mehr zu melken.“ Aus dem Einnahmerückgang nun die Forderung nach einer höheren Besteuerung der Kapitaleinkünfte abzuleiten, sei kontraproduktiv.

Gerhard Schick von den Grünen forderte dagegen: „Der Irrweg Abgeltungsteuer muss beendet werden.“ Sie sei ungerecht, bringe Steuerausfälle statt Mehreinnahmen und nicht die gewünschte Vereinfachung. Die Privilegierung von Kapitalerträgen im Vergleich zu Arbeitseinkommen habe nicht zur versprochenen Vereinfachung geführt, sondern für viele Steuerzahler zu einer Verkomplizierung.

Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl Heinz Däke, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag), die Abgeltungsteuer sei für viele Steuerzahler eine deutliche Vereinfachung. „Aus unserer Sicht sollte deshalb an ihr festgehalten werden.“ Die finanziellen Auswirkungen könnten noch nicht abschließend beurteilt werden. Es griffen immer noch Übergangsregeln.