Steuerstreit: Union und FDP rechnen mit Einigung
Berlin (dpa) - Die schwarz-gelbe Koalition will in der kommenden Woche ihren monatelangen Streit über Steuervereinfachungen beilegen. „Es gibt ein Gespräch mit den finanzpolitischen Sprechern der Fraktionen und dem Bundesfinanzministerium.
Ich gehe davon aus, dass eine tragfähige Lösung gefunden wird“, sagte Kanzlerin Angela Merkel am Samstag am Rande der CDU-Vorstandsklausur in Mainz. Der FDP- Finanzexperte Volker Wissing äußerte sich ebenfalls optimistisch über eine Einigung in der kommenden Woche. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnte eine kleine Steuersenkung noch 2011 erneut ab.
CDU-Chefin Merkel sagte auf die Frage, ob die Arbeitnehmer mit Entlastungen für 2011 rechnen können: „Wenn es technisch machbar ist. Wenn es technisch nicht machbar und vom Aufwand nicht vertretbar ist, dann nicht.“ Sie zeigte sich aber sicher: „Da wird ein gutes Paket herauskommen.“ Die Gespräche würden im „Geiste des Erfolgs“ geführt.
Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) erwartet einen Kompromiss. „Alle Dinge, die technisch machbar sind, ohne dass eine zusätzliche Haushaltsbelastung in 2011 entsteht, die können auch rückwirkend gemacht werden“ sagte er in Mainz. Die Anhebung der Werbungskostenpauschale werde aber nur über die 2012 abzugebende Einkommensteuererklärung für 2011 möglich sein, so dass in diesem Jahr keine Belastung für den Haushalt mehr entstehe. „Da glaube ich, werden wir in den nächsten Tagen eine Entscheidung herbeiführen.“
Wissing sagte der Nachrichtenagentur dpa in Berlin: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass es eine Einigung gibt.“ Das Thema werde voraussichtlich auch im am Donnerstag tagenden Koalitionsausschuss eine Rolle spielen. Ziel sei nicht primär eine Entlastung des Steuerzahlers, sondern die Vereinfachung des Verfahrens. „Wir wollen das Belegesammeln reduzieren.“ Er betonte: „Uns ist wichtig, dass alles, was technisch gemacht werden kann, auch 2011 gemacht wird.“
Der „Berliner Zeitung“ sagte Wissing zu dem Kompromissplan, die Entlastungsmaßnahmen rückwirkend zum 1. Januar in Kraft zu setzen, die Erleichterungen den Steuerzahlern aber erst 2012 mit der Steuererklärung 2011 zugute kommen zu lassen: „Die FDP wäre mit dieser Lösung einverstanden.“ Sie habe den Vorteil, dass das 585- Millionen-Euro-Paket wie von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verlangt den Bundeshaushalt erst 2012 belastet.
Die FDP und auch Kauder hatten Schäuble kritisiert, der die neue Einkommenssteuerregel nicht rückwirkend für 2011 gelten lassen wollte, um den Haushalt nicht zusätzlich zu belasten. Kauder sagte nun: „Da ist etwas in der Öffentlichkeit nicht richtig angekommen. Es ist völlig klar, dass wir das Paket der Vereinfachung auf den Weg bringen wollen.“ Die Unionsfraktion unterstütze Schäuble darin, dass keine zusätzlichen Mittel in Anspruch genommen werden müssen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) berichtete, Anfang dieser Woche sprächen führende Vertreter des Bundesfinanzministeriums mit den finanzpolitischen Experten der Koalitionsfraktionen. Das Finanzministerium wollte sich dazu nicht äußern. Die Zeitung schrieb, in der Unionsfraktion werde kritisiert, die Beschlüsse des Koalitionsausschusses Anfang November seien auf „unglückliche Weise“ kommuniziert worden. Zwar sei tatsächlich beschlossen worden, die Steuervereinfachungen dürften sich nicht rückwirkend auf den Haushalt 2011 beziehen. Doch sei in den Wochen danach ein anderer Eindruck verbreitet worden.
Schäuble lehnte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“) eine kleine Steuersenkung im laufenden Jahr ab. „Ich halte ohnehin nichts davon, bei den Menschen zu hohe Erwartungen zu schüren, die man nicht einlösen kann hinterher. Es hat wenig Sinn, den Menschen zu suggerieren, es sei etwas Großes unterwegs und nachher merken sie davon nichts.“
Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hält Steuersenkungen in den kommenden beiden Jahren für unrealistisch. „2011 geht es nicht. Und ich glaube, dass es auch 2012 noch nicht geht“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstag).