Bayrische Wut Streit um von der Leyen beschäftigt GroKo - Im Hintergrund lauert die CSU

Berlin · Bei der SPD regen sich viele über die Nominierung Ursula von der Leyens zur EU-Kommissionspräsidentin auf. Für Angela Merkel ist jedoch die CSU viel gefährlicher.

Fahnen mit dem Logo der CSU stehen vor der Parteizentrale in München.

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Während nach der Nominierung Ursula von der Leyens (CDU) für das Amt der EU-Kommissionspräsidentin viele auf die empörten Sozialdemokraten schauen, lauert im Hintergrund noch eine ganz andere Gefahr für Kanzlerin Angela Merkel: die CSU. An ihrer Basis ist offenbar die Hölle los. Das berichten Christsoziale. Speziell in Niederbayern, wo Manfred Weber seine Heimat hat.

Bei den Bajuwaren ist man entsetzt darüber, was Weber widerfahren ist. Der Kanzlerin will man zwar nicht unterstellen, dass sie im Europäischen Rat nicht für den Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei gekämpft hätte. Als Hauptschuldigen sieht man eher den französische Staatspräsident Emmanuel Macron an, der sowohl die Person Manfred Weber als auch das gesamte demokratische Spitzenkandidatenmodell bekämpft habe. Dass der Christsoziale vorerst keine herausragende Rolle auf dem Brüsseler Parkett spielen wird, „versteht man aber an der Basis nicht“, so ein CSU-Mann. Man werde vor Ort jetzt viel zu erklären haben.

Die CSU holte in Niederbayern stolze 57 Prozent, die Wahlbeteiligung im gesamten Freistaat stieg bei der Europawahl um sage und schreibe 20 Prozent auf über 60 Prozent. Ein Weber-Effekt, wie man in der Partei glaubt. Und nun geht er leer aus. Die neue Europabegeisterung sei durch das Personal-Geschacher in Brüssel wieder dahin, wird kritisiert. Wer die CSU freilich kennt, der weiß, sie vergisst nicht. Zwar will man trotz aller Enttäuschung die Nominierung Ursula von der Leyens vorbehaltlos unterstützen. Allerdings macht hinter den Kulissen schon das Wort von der „Kompensation“ die Runde, von Wiedergutmachung ist die Rede. Merkel wird sich womöglich etwas einfallen lassen müssen, um auch diesen Teil ihrer Koalition zu beruhigen.

Es sind schwere Zeiten für die GroKo in Berlin, wieder einmal. Mit völligem Unverständnis blickt man von Unions-Seite auf die SPD. 27 Staats- und Regierungschefs hätten der Personalie von der Leyen zugestimmt, nur die deutsche Kanzlerin habe sich wegen der Genossen enthalten müssen - „peinlich“ sei das, so ein führender CSU-Politiker. Zumal auch die Sozialdemokraten dem EVP-Spitzenkandidaten Weber die Unterstützung versagt hätten, obwohl dessen Parteienfamilie als stärkste Kraft aus der Europawahl hervorgegangen war. Die Stimmung im Bündnis ist im schwarz-roten Keller.

Die Nominierung Ursula von der Leyens (l.) zur nächsten Präsidentin der Europäischen Kommission sorgt vielerorts für Ärger.

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Allerdings ebbte die Empörungswelle am Donnerstag ab, kein Sozialdemokrat wollte mehr vom raschen Ende der Koalition reden. Wie so oft in den letzten Monaten könnte nun Juso-Chef Kevin Kühnert Dreh -und Angelpunkt bei der SPD werden. Nach den Koalitionsverhandlungen im vergangenen Jahr startete er eine viel beachtete Kampagne gegen den Eintritt seiner Partei in die GroKo. Ob er nun auch als SPD-Parteivorsitzender antreten wird, ist noch offen. Kühnert sprach von einer Belastung für das Bündnis durch die Nominierung von der Leyens. Der Vorgang trage nicht dazu bei, „dass es die große Koalition am Ende des Jahres noch gibt“, prognostizierte der einflussreiche Juso in einem Interview.

Bei der geplanten GroKo-Halbzeitbilanz spätestens auf dem Parteitag der Sozialdemokraten im Dezember soll die Personalie von der Leyen nun eine Rolle spielen. Dem Vernehmen nach wird bereits an einer „Negativ-Liste“ für den Konvent gearbeitet – mit all den Dingen, die mit der Union nicht zu machen gewesen oder die schlecht in der Koalition gelaufen sind.