Interview mit Dietmar Bartsch Suche nach Gauck-Nachfolger: "Das ist nur noch eine Farce"
Berlin. Nach Ansicht des Fraktionschefs der Linken, Dietmar Bartsch, zeigt der Präsidentenpoker von Union und SPD, wie handlungsunfähig die große Koalition ist. Es sei gut möglich, so Bartsch im Gespräch mit unserer Redaktion, dass die Linke einen eigenen Kandidaten für Schloss Bellevue aufstelle.
Herr Bartsch, nach kurzer Zeit ist das Koalitionstreffen zur Gauck-Nachfolge wieder beendet gewesen. Wie deuten Sie das?
Dietmar Bartsch: Das zeigt mir, dass die große Koalition handlungsunfähig ist. Dieses ganze Verfahren ist nur noch eine Farce. Es kann doch nicht sein, dass sich die drei Parteivorsitzenden jeden Sonntag treffen und dann kein Ergebnis hinbekommen.
Noch ist ein gemeinsamer Kandidat offenbar möglich.
Bartsch: Nur zu, aber das höre ich seit Wochen in einer Endlosschleife. Für mich hat das nichts mehr mit politischem Handeln zu tun. Wenn es jetzt wieder heißt, am Montag werde es zu einem Ergebnis kommen - was soll das? Warum nicht am Sonntag, und warum nicht schon vor einer Woche? Die Koalition muss sich nicht wundern, wenn viele Menschen nur noch mit dem Kopf schütteln.
Wie wäre denn die Haltung der Linken zu einem Kandidaten Steinmeier?
Bartsch: Die SPD muss sich erstmal endgültig festlegen und nicht nur im Ungefähren bleiben. Steinmeier wäre nicht unser Kandidat. Wie wir uns in der Bundesversammlung verhalten werden, das entscheiden wir, wenn die Kandidatenlage klar ist.
SPD-Chef Gabriel hält doch an Steinmeier fest. Also könnten sie sich jetzt schon positionieren.
Bartsch: Erstmal muss es Steinmeier definitiv werden. Sollte er der gemeinsame Kandidat von Union und SPD sein, werden wir ihn auf keinen Fall wählen. Der Rest ist Spekulation.
Wird die Linke einen eigenen Kandidaten in der Bundesversammlung aufstellen?
Bartsch: Wir werden selbstverständlich versuchen, in der Bundesversammlung ein Gewicht auf der politischen Waage zu sein. So werden wir auch agieren. Ein eigener Kandidat ist möglich. Und dann wird nach jedem einzelnen Wahlgang entschieden.