Suche nach Nazi-Verbrechern: Die letzte Hoffnung auf Gerechtigkeit

Kampagne zur Suche nach Nazi-Verbrechern gestartet. Sie sind 90 Jahre und älter.

Köln. „Es ist unsere letzte Chance, noch lebende Nazi-Verbrecher in Deutschland aufzuspüren“, sagt Efraim Zuroff. Der Initiator der Kampagne des Simon-Wiesenthal-Zentrums möchte sie nutzen. Vielleicht zwei bis drei Jahre blieben noch, um diese rund 60 bis 120 noch lebenden Täter zu finden, schätzt der Leiter des Jerusalemer Büros des Wiesenthal-Zentrums, das weltweit nach Nazi-Verbrechern und deren Handlangern sucht. Denn die Mitglieder der Einsatzgruppen in den Konzentrationslagern und mobilen Mordkommandos, um die es geht, dürften heute um die 90 Jahre und älter sein.

Seit Dienstag hängen in Köln, Berlin und Hamburg 2000 Plakate der „Operation Last Chance“. „Millionen Unschuldiger wurden von Nazi-Kriegsverbrechern ermordet. Einige der Täter sind frei und am Leben! Helfen Sie uns, diese vor Gericht zu bringen. Bis zu 25 000 Euro Belohnung für wertvolle Hinweise.“

Den Aufruf jetzt begründet Zuroff damit, dass das Urteil gegen den früheren KZ-Wachmann John Demjanjuk 2011 in München die Strafverfolgung von Nazi-Verbrechern leichter gemacht habe. Der gebürtige Ukrainer wurde ohne konkreten Tatnachweis zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht war überzeugt, dass er an der Ermordung von 29 000 Juden im Todeslager Sobibor beteiligt gewesen war.

Das habe die juristische Basis komplett verändert, sagt Zuroff. Bis dahin habe man den Nazi-Tätern spezifische Verbrechen an namentlich zu benennenden Opfern nachweisen müssen. Das hohe Alter der Gesuchten kann nach Ansicht Zuroffs keine Rolle spielen. „Die verstrichene Zeit mindert ihre Schuld nicht“, sagt der Initiator.

Das sieht auch der Zentralrat der Juden in Deutschland so. „Es geht hier schließlich um Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit kennt keine Verfallszeit“, sagt dessen Präsident Dieter Graumann.

Zuroff ergänzt, wer nach solchen Taten bis heute lebe, müsse physisch und geistig gesund sein. Als junge Männer hätten sie „ihre ganze Kraft und Energie darauf verwendet, unschuldige Menschen zu ermorden“.