Mehr Geld, einen Urlaubstag mehr, flexiblere Arbeitszeiten: Gewerkschaften und Arbeitgeber haben sich nach sehr langen Verhandlungen auf einen Tarifabschluss für die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen geeinigt.
Kern ist eine Erhöhung der Einkommen um 3 Prozent zum 1. April dieses Jahres und weitere 2,8 Prozent im Mai nächsten Jahres. Für Bürgerinnen und Bürger heißt die Einigung: Streiks in diesem Teil des öffentlichen Diensts sind absehbar vom Tisch. Beide Seiten zeigten sich nach einer weiteren Nachtsitzung in Potsdam erleichtert.
„Ein guter Ausgleich“
„Wir haben einen Tarifabschluss erreicht, der in schwierigen Zeiten einen guten Ausgleich bringt“, sagte die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Wir machen die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst flexibler, moderner und attraktiver.“ Der neue Tarifvertrag sei ein Zeichen des Respekts für die Beschäftigten und deren Leistung.
Für die kommunalen Arbeitgeber sagte Verhandlungsführerin Karin Welge, der Abschluss bedeute Planungssicherheit und für die Beschäftigten eine angemessene Beteiligung an der allgemeinen Entwicklung der Einkommen. „Mehr war eben nicht drin.“
Verdi-Chef Frank Werneke sagte für die Arbeitnehmerseite, die Annahme des Ergebnisses sei der Gewerkschaft nicht leicht gefallen: „Es ist ein schwieriges Ergebnis in schwierigen Zeiten.“
Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft dbb Beamtenbund, Volker Geyer, betonte: „Das waren harte Verhandlungen, das waren zähe Verhandlungen. Wir mussten jeden Cent, jede Minute und jeden noch so kleinen Fortschritt der Arbeitgeberseite von Bund und Kommunen abringen.“ Dennoch könne sich in diesem Abschluss letztlich jeder wiederfinden.
Einigung nach Schlichterspruch
Die Einigung folgt im Wesentlichen einer Empfehlung von Schlichtern von Ende März. Neben der Steigerung der Einkommen soll das 13. Monatsgehalt erhöht werden. Zum Paket gehören zudem erheblich höhere Schichtzulagen. Der neue Tarifvertrag soll rückwirkend ab 1. Januar 2025 für 27 Monate laufen.
Teil des Potsdamer Einigungspakets sind auch flexiblere Regelungen zu Arbeitszeiten und freien Tagen. Ab 2027 soll es einen zusätzlichen Urlaubstag geben. Zudem soll es für die meisten Beschäftigten möglich sein, Teile des 13. Monats in bis zu drei freie Tage umzuwandeln. Freiwillig und befristet sollen Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden die Woche erhöhen können.
Streit über Wochenarbeitszeit
Gegen diesen Punkt Wochenarbeitszeit gab es nach Angaben aus Verhandlungskreisen Bedenken der Gewerkschaften. Sie befürchten Druck auf Arbeitnehmer, länger zu arbeiten. Schließlich wurde ein Kompromiss gefunden. Niemand könne nun gedrängt werden, mehr zu arbeiten, betonte Werneke.
Der Abschluss kostet die Kommunen nach Welges Angaben mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr. Das Volumen bezifferte sie - ebenso wie Werneke - auf insgesamt über sechs Prozent, unter anderem wegen der stark erhöhten Schichtzulagen. Die Kosten für den Bund bezifferte Faeser über die gesamte Laufzeit des Tarifvertrags von 27 Monaten auf rund 1,94 Milliarden Euro. Dabei nicht berücksichtigt ist eine Übertragung des Ergebnisses auf Beamtinnen und Beamte.
Beschäftigte in wichtigen Jobs
Die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen arbeiten in einer Vielzahl wichtiger Jobs von der Verwaltung über Kitas und Müllabfuhr bis hin zu Nahverkehr und Flughäfen. Der Tarifkonflikt berührte viele Bürger, weil es seit Januar immer wieder Warnstreiks gab.
Für die Arbeitnehmer saßen die Gewerkschaften Verdi und dbb Beamtenbund am Tisch, für die Arbeitgeber die Vereinigung kommunaler Arbeitgeber VKA und das Bundesinnenministerium. Nach drei Runden waren die Verhandlungen Mitte März für gescheitert erklärt worden. Es folgte eine Schlichtung unter Führung des ehemaligen CDU-Politikers Roland Koch und des früheren Bremer Staatsrats Henning Lühr (SPD). Obwohl die Eckpunkte damit klar waren, ging die vierte Verhandlungsrunde in Potsdam nur sehr zäh voran.
Ursprünglich forderten die Gewerkschaften acht Prozent mehr Geld, mindestens aber 350 Euro mehr im Monat, sowie unter anderem mindestens drei zusätzliche freie Tage im Jahr. Sie wollten, dass der Tarifvertrag nur ein Jahr läuft. Dies bezeichnete die Arbeitgeberseite als nicht finanzierbar.
© dpa-infocom, dpa:250406-930-425241/4