Tempolimit Höchstens 120 km/h auf Autobahnen – Die Fakten zum Streit
Düsseldorf · Über ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird seit Jahrzehnten gerungen. Dass es tatsächlich kommt, ist wenig wahrscheinlich.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) plant nach ihren Erfolgen vor Gericht wegen zur hoher Stickoxid-Belastung in deutschen Städten eine Kampagne für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Begründung: Mehr Klimaschutz im Verkehr. Die Bundesregierung lehnt ein durchgehendes Tempolimit ab. Wir liefern die Fakten zum Streit.
Ausgangslage
In Deutschland gibt es etwa 13.000 Autobahn-Kilometer. Rund ein Drittel davon sind durch dauerhafte Tempolimits gekennzeichnet. Hinzu kommen zeitliche Beschränkungen durch Baustellen oder bei Nässe. Fahren ohne Begrenzung ist auf etwa 60 Prozent des Netzes erlaubt.
Verkehrssicherheit
Autobahnen sind die sichersten Straßen in Deutschland. Rund 32 Prozent des Verkehrs finden laut Anstalt für Straßenwesen dort statt, aber nur rund 15 Prozent der Unfälle, bei denen Personen zu Schaden gekommen sind, ereignen sich auf Autobahnen. Dennoch fordert die Gewerkschaft der Polizei in NRW in ihrem verkehrspolitischen Programm ein generelle Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, weil von vier Unfalltoten auf Autobahnen drei an Stellen ums Leben kommen, wo es kein Tempolimit gibt.
Folgen fürs Klima
Neben der DUH fordern unter anderem die Grünen und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ein Tempolimit, um den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) zu reduzieren. Das Umweltbundesamt hat ausgerechnet, was die Beschränkung auf 120 km/h bringen würde: eine Reduzierung um drei Millionen Tonnen pro Jahr. Dies entspricht einer Minderung der CO2-Emissionen um neun Prozent – bezogen auf den Pkw-Verkehr auf Autobahnen. Dort wird etwa ein Drittel der Pkw-Fahrleistung erbracht, so dass die CO2-Einsparung bezogen auf den gesamten Pkw-Verkehr bei etwa drei Prozent liegen würde. Der Pkw-Verkehr wiederum verursacht etwa 13 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland. Die Einsparungen würden somit national weniger als 0,5 Prozent betragen. Der ADAC folgert daraus, dass ein generelles Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen „kein geeignetes Mittel zur Minderung des weltweiten CO2-Ausstoßes ist“.
Staugefahr
Staus auf der Autobahn gehören für die meisten Autofahrer fast zur alltäglichen Normalität, insbesondere im dicht besiedelten NRW. Einige Wissenschaftler argumentieren, dass der Verkehr mit Tempolimit besser fließen würde. Geschwindigkeiten gleichen sich demnach an, riskantes Verhalten nimmt ab. Experten der TU Dresden haben das nachgewiesen – allerdings nur für Tempo 80 im Berufsverkehr. Laut Justin Geistefeldt von der Ruhr-Universität Bochum gibt es keine belastbaren empirischen Erkenntnisse, wie sich ein Tempolimit von 120 km/h auf mögliche Staus und Unfälle auswirken würde. Er räumt aber ein, dass sich Staus vermeiden ließen, wenn alle Fahrstreifen genutzt und gleichmäßiger gefahren würde.
Studien fehlen
Von der Bundesregierung finanzierte Studien zu den Auswirkungen eines Tempolimits auf Autobahnen gibt es nicht. „Wir haben es mit einem forschungspolitischen Loch zu tun, und das ist beabsichtigt“, sagt Gerd Lottsiepen vom VCD. „Das ist vor allem vom Verkehrsministerium beabsichtigt. Auch die Autoindustrie freut sich, dass es keine Untersuchungen gibt, weil die immer wieder von der Regierung verlangen, kein Tempolimit einzuführen.“