Gedenkfeier für Guido Westerwelle Trauerfeier im Auswärtigen Amt - Politik in der Kontinuität Westerwelles
Berlin. Dem verstorbenen Ex-Vizekanzler wird posthum auch außenpolitisch viel Ehre zu teil Von Werner Kolhoff Die Enthaltung Deutschlands Anfang 2011 bei der UN-Entscheidung über Luftschläge gegen das libysche Gaddafi-Regime galt lange als die größte Fehlleistung des letzte Woche verstorbenen ehemaligen Außenministers Guido Westerwelle.
Doch bei der offiziellen Trauerfeier des politischen Berlin am Montag im Berliner Auswärtigen Amt wurde dem FDP-Politiker posthum auch an diesem Punkt Recht gegeben - so wie schon am Samstag bei der Beisetzung in Köln.
SPD-Mann Frank-Walter Steinmeier, von 2005 bis 2009 Westerwelles Vorgänger und seit 2013 wieder sein Nachfolger im Außenministerium, verteidigte die umstrittene Entscheidung in seiner Trauerrede. "Sie hatte schon damals gute Gründe", sagte Steinmeier. Er meinte die Tatsache, dass die westlichen Bomben zwar halfen, das Gaddafi-Regime zu beseitigen, Libyen jedoch seitdem ein äußerst instabiler Staat ist. Es gebe, betonte Steinmeier, eine gemeinsame Richtschnur zwischen ihm und dem Verstorbenen: "Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik".
Militärische Lösungen dürften nur die "ultima ratio" sein, das allerletzte Mittel. In Köln hatte am Sonnabend auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Punkt Libyen angesprochen und demonstrativ betont, dass die damalige Entscheidung zur Enthaltung von ihr und Westerwelle gemeinsam getroffen worden sei.
Der Weltsaal im Auswärtigen Amt war mit 700 Gästen überfüllt. Viele Botschafter waren gekommen, die frühere FDP-Führungsriege von Brüderle bis Niebel, von Homburger bis Kinkel, Mitarbeiter aus der FDP-Zentrale und Vertreter aus dem Bundestag. Dazu Alt-Bundespräsident Horst Köhler und Berlins Ex-Regierender Klaus Wowereit (SPD). Die FDP, das Ministerium und die "Westerwelle-Foundation" veranstalteten die Gedenkfeier gemeinsam.
Auffällig war, dass die Grünen fast mit ihrer kompletten Spitze von Partei und Fraktion angerückt waren, während die Union im Wesentlichen nur durch Finanzminister Wolfgang Schäuble vertreten war. Für die SPD war neben Steinmeier noch Umweltministerin Barbara Hendricks gekommen. Prominente Linken-Politiker waren gar nicht zu sehen.
Viele Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes standen am Rand und hörten den Reden zu. Einigen Teilnehmern standen Tränen in den Augen. Schon bei seiner Verabschiedung 2013, an die Steinmeier erinnerte, hatten die sonst eher zurückhaltenden Diplomaten Westerwelle ihre Anerkennung gezeigt, und zwar genau an der gleichen Stelle, im Weltsaal.
Der FDP-Politiker, der sich anfangs in der Rolle als Außenminister noch schwer getan hatte, war nämlich sichtlich in die Aufgabe hineingewachsen. Das Auswärtige Amt hat in diesen Tagen gleich zwei frühere Chefs verloren; der "große Hans Dietrich Genscher", wie es Steinmeier ausdrückte, starb am Freitag. Für ihn wird es demnächst einen Staatsakt geben, voraussichtlich in Bonn.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker würdigte in seinem Redebeitrag, wie sehr sich Guido Westerwelle für Europa eingesetzt habe. "Er hatte Haltung". FDP-Chef Christian Lindner setzte sich mit zahlreichen Missverständnissen über den Parteipolitiker Westerwelle auseinander, dessen manchmal harte politische Reden nicht mit seiner wirklichen Persönlichkeit verwechselt werden dürften. Ähnlich drückte es auch Steinmeier aus, der betonte, privat sei Westerwelle "sensibel und verletzlich" gewesen. "Seine Sensorik war letztlich seine größte Stärke". Aus dem Munde eine Sozialdemokraten eine bemerkenswerte Würdigung.